vorheriger
Artikel
nächster
Artikel
Magazin · von Jürgen Raap · S. 490 - 490
Magazin , 2002

Stadt.Kunst

Der Münchener Flughafen ist ein Gebäudekomplex ohne das geringste urbane Flair. Die Architektur ist unzweckmäßig. Der Benutzer wird repressiv dirigiert. “Bei soviel atmosphärischem Vakuum” sei es nicht weiter verwunderlich, dass die Betreiber über “den ausbleibenden Strom an Besuchern, wohlgemerkt solchen, die ausschließlich der Lokalität wegen kommen, Klage erheben”, schreiben Andreas Hirseland und Werner Schneider zu ihren “Kultursoziologischen Betrachtungen kommunikativer Orte in München”. Kann man derlei unwirtliche, rein funktionalistisch ausgerichtete Architektur nachträglich durch Kunst abmildern ? Beurteilen wir die Städte der Gegenwart in unangemessener Weise aus der Perspektive eines Flaneurs auf den Boulevards des 19. Jahrhunderts ? Hermann Pitz räumt ein, dass auch die Künstler oft “spätromantischen Zuckungen” unterliegen, wenn sie im öffentlichen Raum arbeiten.

Unter dem Titel “Stadt.Kunst” hat Herausgeber Heinz Schütz nicht nur eine Dokumentation über Kunst im öffentlichen Raum zusammengetragen, sondern auch Beiträge zu stadtsoziologischen Problemen und mit exemplarischen städtebaulichen Analysen. Denn Kunst im öffentlichen Raum leistet niemals nur eine zweckfrei-ästhetische Verschönerung. Sehr oft begleitet sie unerwünschte Fehlentwicklungen, wie dies Renata Kaiser in ihrer Fallstudie “Kunst als Akt der Gentrifizierung” beschreibt. In einer Umfrage beklagen sich etwa die Einwohner von München-Laim über die finanziell spürbaren Folgen der urbanen Aufwertung ihres Stadtteils. “Das neue Lokal ist zu teuer für uns Alte, nicht mehr erschwinglich”, heißt es. Fazit von Renata Kaiser: “Das marktwirtschaftliche Prinzip wird flächendeckend wirksam: Erneuerung, Verbesserung, Verschönerung bedeutet sogleich Verteuerung, diktiert den sozialen Rang und Anspruch”.

Angesichts einer manchmal recht offensichtlichen Symbiose von Kunst und Kapital sind in den großstädtischen Sanierungsvierteln “ortsbezogene Kunstprojekte” schon in den achtziger Jahren vor…

Kostenfrei anmelden und weiterlesen:

  • 3 Artikel aus dem Archiv und regelmäßig viele weitere Artikel kostenfrei lesen
  • Den KUNSTFORUM-Newsletter erhalten: Artikelempfehlungen, wöchentlichen Kunstnachrichten, besonderen Angeboten uvm, jederzeit abbestellbar
  • Exklusive Merklisten-Funktion nutzen
  • dauerhaft kostenfrei