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Ausstellungen: Stuttgart · von Hans-Dieter Fronz · S. 356 - 358
Ausstellungen: Stuttgart , 2008

Hans-Dieter Fronz
Stan Douglas. Past Imperfect

Württembergischer Kunstverein und Staatsgalerie Stuttgart, 15.9. -6.1.2008

Wo bleibt das Positive? Die notorische Klage über den Negativismus der Medien, die stets nur über die schlimmen Dinge in der Welt berichten, ist längst gegenstandslos geworden. Noch die täglichen Schreckensmeldungen erreichen uns in Watte gepackt, wohltätig überstrahlt von der nimmermüden Gute-Laune-Miene und dem schelmischen Lächeln irgendeiner Anne-Will-uns-nicht-den-Abend-vermiesen. Dabei ist die Aufgeräumtheit heutiger Nachrichtenmoderatoren kein subjektiver Faktor, sie wurzelt im System. Wer jetzt die Retrospektive zum Werk des kanadischen Foto- und Videokünstlers Stan Douglas in Stuttgart besucht, bekommt anschaulich vor Augen geführt, auf welche Weise sich der Paradigmenwechsel zu einem Fernsehjournalismus vollzog, dessen fröhliche Welterzählung beim Rezipienten jedes Erschrecken über den Zustand des Globus im Keim erstickt.

Douglas’ Dreikanal-Videoinstallation “Evening” von 1994 führt an den historischen Ursprungsort einer Präsentationsweise von Nachrichten zurück, die als “Happy Talk News” binnen kürzester Zeit Karriere machte. Ende der 1960er-Jahre kreierte ein TV-Sender in Chicago das neue Nachrichtendesign, um die Quote zu steigern; in Windeseile wurde es fast überall im Land, mit einiger Verzögerung auch im Ausland kopiert. Für die Installation mit drei jeweils drei Meter breiten Bildschirmen rekonstruierte Douglas zwei Nachrichtentage in den Staaten Ende der 1960er-Jahre. In der parallelen Präsentation dreier TV-News-Sendungen macht er den Fortschritt vom alten zum neuen Format und dessen schließliche Perfektionierung in gutgelauntem Infotainment sichtbar. Ganz gleich, worüber berichtet wird – über den Vietnamkrieg oder eine Prominentenhochzeit, die Ermordung eines führenden Mitglieds der Black-Panther-Bewegung oder steigende Aktienkurse -: Sukzessive gehen die Mundwinkel der Sprecher in den parallel abgespielten Sequenzen…


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von Hans-Dieter Fronz

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