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Monografie · von Klaus Honnef · S. 116 - 121
Monografie , 1979

Tata Ronkholz

Sie gibt es (noch) im Ruhrgebiet und am Rhein. Südlich der Mainlinie trifft man sie allerdings selten; eigentlich nie an. Von ihren Besitzern werden sie “Trinkhallen” genannt. Eine großsprecherische Bezeichnung. Denn Anspruch und Wirklichkeit treten harsch auseinander. Meist handelt es sich um Bretterbuden, woanders auch Kioske genannt, häufig um umgebaute Wohnzimmer, die man zur Straßenfront mit eine Art Schaufenster versehen hat. Bisweilen ist auch ein ausrangierter Eisenbahnwaggon in eine “Trinkhalle” verwandelt worden. Hier werden Getränke verkauft, Bier in Flaschen, Klare, Möbelpolitur gegen schwer verdauliche Speisen, die im Magen liegen, Zeitungen, Bild in der Regel, aber auch Illustrierte und das Lokalblättchen, Zigaretten und Zigarren, die teuersten zu fünfzig Pfennig das Stück. Reklametafeln, von den Getränkelieferanten und den Zeitungsgroßisten beigesteuert, machen auf sie aufmerksam, umrahmen die Schaufenster, die zugleich Ausgabe und Ausschank sind. Halle ist ein Witz. Betreten können sie lediglich die Besitzer. Und dann sind sie schön überfüllt von all’ dem Kram, der verkauft werden muß. Doch hier kann man noch Kleinigkeiten kaufen, wenn sonst längst Ladenschluß ist, und einen Schwatz halten. Auch sonntags. Deshalb sind sie den großen Konkurrenten ein Dorn im Auge. Und den Stadtverwaltungen aus diesen – wie anderen Gründen, weil sie weiß Gott keine Zier des einheitlich sauberen Straßenbildes abgeben, die unsere Stadtverwaltungen sich wünschen. Nach und nach werden sie wegsaniert – wie man das so schön nennt. Tata Ronkholz fotografiert diese “Trinkhallen”, bevor sie verschwunden sind. Sie muß sich beeilen. Sie ist dabei, erst einmal alle, derer sie fotografisch habhaft werden kann, zu sammeln. Sie…

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