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Ausstellungen: London · von Edgar Schmitz · S. 451 - 451
Ausstellungen: London , 2001

Edgar Schmitz
The Citibank Private Bank

Photography Prize 2001
Photographers’ Gallery, London, 2.2. – 24.3.2001

Auf sehr unterschiedliche Weise inszenieren alle für den diesjährigen Citibank Prize Nominierten Realität. Boris Mikhailov arrangiert sie in brutaler Übernahme bestehender Machtverhältnisse, indem er die Modelle seiner ein- und aufdringlich großformatigen Porträts an den gnadenlos verarmten und vergessenen Rändern dessen aufsucht, was nach dem Kollaps der Sowjetunion als Ukraine übrig geblieben ist. Aber was ein dokumentarisch emanzipatorisches Projekt sein könnte, ist hier so korrupt verfasst wie die sozioökonomische Realität, deren menschliche Ausfallerscheinungen er in die fotografische Sichtbarkeit zerrt. Wo Mikhailov seine Modelle bezahlt, damit sie sich für die Kamera entkleiden, erzeugen sie eine Nacktheit, die in ihrer Entstellung aus Krankheit und Geschwülsten und im feindlichen Umfeld eingeschneiten Winters und verdreckter Wohnnischen dem Betrachter ebenso fremdartig feindlich gegenübertritt wie den Betroffenen selbst. Die Jury hat Mikhailov für diese doppelt verfasste Strategie um fotografierte Sichtbarkeit den Citibank Private Bank Photography Prize 2001 verliehen.

Andere Praktiken sind subtiler. Hellen van Meene gibt vorpubertären Mädchen die Rollen vor, die sie mit den Accessoires und Posen erotisch aufgeladener Bilderwelten dann mehr präsentieren als wirklich verkörpern. Nichts passt wirklich: die Kleider sind für ausgeformtere Körper gemacht, die Strumpfhosen für selbstbewusstere Spiele um Verhüllung, und die Geländer oder Bänder schneiden ein bisschen zu tief in Gesichter oder Beine ein, die etwas zu schwer auf ihnen lasten. Als Porträts und als kulturelle Klischees sind sie durch die Inszenierung gefiltert, die van Meene als Fotografin ebenso betreibt wie die jeweiligen Modelle in ihren Selbstinszenierungen.

Gerade auch in der…



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