Gisele Omindarewá Cossard
Trance in den Tropen
Interview mit einer heiligen Mutter des brasilianischen Candomblé
von Dias & Riedweg
Gisèle Omindarewá Cossard, Jahrgang 1923, wuchs in Marrakesch in einem französischen Umfeld auf. Im Ambiente maurischer Möbel und exotischer Gärten fand sie eine erste Berührung mit den Tropen, was sich später im Inneren des Kontinents fortsetzen sollte, als sie mit ihrem Mann, einem französischen Diplomaten in Auslandsmission, nach Kamerun und die Sahelgebiete des Tschad ging. Sie entdeckte ihre Liebe zu Afrika. Doch trotz allem blieb ein frustrierendes Gefühl: zu zahlreich und gravierend waren die Unterschiede zwischen den jeweiligen Verhaltensregeln. Und es war die Hautfarbe, welche die Beziehung zwischen den Menschen bestimmte. Die einen schliefen in Betten, die anderen auf dem blanken Boden. Die einen aßen mit Besteck, die anderen mit den bloßen Händen. Das Leben der Menschen war zutiefst unterschiedlich geprägt. Als der Ehegatte als Kulturattaché nach Brasilien entsandt wurde, begann Gisèle Cossard die französische Botschaft in Rio de Janeiro mit afro-brasilianischen Angestellten zu besetzen. Eben diese sollten sie Schritt für Schritt auf die steilen Wege der Berghügel, an das einfache Leben der Favelas und schließlich auch ins Haus von Joãozinho da Goméia führen, wo sie die Erfahrung machte, „zu Boden zu fallen, nicht aus Ohnmacht, sondern im Zustand eines Orixás, eines Ahnengeistes“. Der Lebensweg führte bergan und einige Jahre später erhielt sie, es war das Jahr 1971, nach einem Studium bei dem Philosophen Roger Bastide in Paris, die Doktorwürde. Sie kehrte nach Rio de Janeiro zurück, wo sie in der Kulturabteilung der Französischen…