Bregenz
Unvergessliche Zeit
Kunsthaus Bregenz 05.06. – 30.08.2020
von Hans-Dieter Fronz
Auch der Tod trägt Maske. Ist nicht einmal er gegen das Virus immun, mit dessen freundlicher Unterstützung er zuletzt so reiche Ernte einfuhr? Und muss er folglich, wo nicht um sein Leben (wozu ist er der Tod persönlich!), so vielleicht um jene physische Vitalität fürchten, auf die als professioneller Sterbebegleiter selbst er dringend angewiesen ist? Oder möchte der Sensenmann vielmehr uns, seine geschätzten Kunden in spe, schützen? Soviel philanthropische Sensibilität hätten wir von ihm zuallerletzt erwartet.
In der Serie von Aquarellen, die Annette Messager nach einer Gehirnoperation im vergangenen Herbst als Reflexion über den Tod begann und in der sie mittlerweile auch die Corona-Pandemie reflektiert, ist der Tod sehr lebendig. Man könnte die Folge als einen Totentanz der besonderen Art verstehen: In spielerischer Ausgelassenheit tanzt der Tod allein. Lediglich in einer einzigen Zeichnung reicht er, wie wir es von ihm kennen, huldreich einem Sterblichen die Hand: Charlie Chaplin, ausgerechnet. Dass der Komiker in dem Aquarell neben dem hünenhaften Gerippe zum Kind geschrumpft erscheint, drückt wohl aus: Im Angesicht der Bedrohung durch das Virus wird Humor infantil. Und hat sein Lebensrecht verwirkt, muss folglich zu Grabe geleitet werden.
Die Ausstellung „Unvergessliche Zeit“ im Kunsthaus Bregenz zählt zu den ersten Kunstpräsentationen über die Pandemie; sie dürfte nicht die letzte bleiben. Man kann den Tod bei Messager in den unterschiedlichsten Situationen und Erscheinungsformen erleben. Hier schaut er verstohlen um die Ecke. Dort wird er zum Phantom. Er nimmt die Gestalt eines Teddybären an. Oder gefällt sich…