VERENA KUNI
Von der Magie der Kunst und ihrer Politik
AUFTRITT DES KÜNSTLER-MAGIERS
Künstler als Magier? Das kling(el)t in den Ohren aufgeklärter ZeitgenossInnen – sofern sie bei diesem Stichwort nicht gleich an Zirkuszauberer vom Schlage eines David Copperfield denken – zunächst einmal wie Feuilleton-Rhetorik, die bekanntlich besonders gern mit einschlägig suggestiven Vokabeln jongliert. Etwa, wenn sie hinter dem Erfolg eines Künstlers “faulen Zauber” oder “Scharlatanerie” vermutet – beziehungsweise, positiv gewendet, das Charisma seiner Persönlichkeit oder den entsprechenden Charme seiner Arbeit beschreiben will. Und jüngst natürlich vor allem anderen dort, wo die sogenannten ‘Neuen’ Medien das Kunstpublikum ähnlich in den Bann schlagen wie gut ein Jahrhundert vor ihnen jene alten Medien, die mittels ihrerzeit durchaus moderner technischer Kunstgriffe Geisterscheinungen produzierten. Nun beschreibt “Faszination” etymologisch betrachtet zwar tatsächlich eine magische Anziehung, die kraft der entsprechenden Künste wirkt. Doch wird erstere wohl selbst von den schwärmerischsten unter den Wortartisten kaum wirklich mit Zauberei in Zusammenhang gebracht.
Nur in Ausnahmefällen dagegen verbindet sich die Rede vom Künstler als Magier mit einem theoretischen Programm, wie es Jean-Hubert Martin 1989 mit seiner Ausstellung “Magiciens de la Terre” (Magier der Erde) lancierte. Für den Kurator der groß angelegten Schau im Pariser Centre Pompidou war “Magie” das Zauberwort, in dessen Zeichen sich die Werke von bekannten VertreterInnen der europäischen und US-amerikanischen Kunstszene mit Artefakten aus anderen kulturellen Kontexten vereinen ließen: Insofern es die “lebendige und unerklärliche Wirkkraft” der Kunst trefflich beschreibe, arbeite seine Verwendung nicht zuletzt der gebotenen Vorsicht gegenüber der Neigung zu, das Wort “Kunst” auf Schöpfungen anderer Kulturen anzuwenden,…