Köln
VOR ORT
Fotogeschichten zur Migration
Museum Ludwig 19.06.– 03.10.2021
von Annelie Pohlen
Dass Museen nicht weiter machen können, wie bisher, dass sie sich gar neu erfinden müssen, zählt zu den gängigen Codes für die Teilhabe an nicht erst heute dringlichen Diskussionsforen. Nur wie „Vor Ort“ damit zu handeln ist, steckt noch im Stadium mehr oder minder diffuser Laborversuche.
Wer den von der Regie nahe gelegten Weg durch die „Fotogeschichten zur Migration“ einschlägt, begegnet auf halber Strecke Mitat Özdemir. Für eine Minute tritt er immer und immer wieder auf eine der von alltäglichen Konsumgütern geprägten Einkaufsstraßen, die für Migranten seit Jahrzehnten Heimat sind.
Man muss das Museum Ludwig nicht als Vorreiter der Selbstreflexion rühmen, um festzustellen, dass es nicht erst seit, aber verstärkt unter Yilmaz Dziewior um eine inhaltlich wie strategisch inspirierende Auslotung neuer Potentiale für das Museum – auch als Ort der Vermittlung bemüht ist. Und um Letzteres geht es so dringlich wie um die bislang ungeklärten Fragen nach der Systemrelevanz von (welcher?) Kunst / Kultur für (welche?) Gesellschaft / Milieus.
Mitat Özdemir, als türkischer „Gastarbeiter“ angeworben und geblieben wie so viele vor und nach ihm überall auf der Welt, ist nicht irgendwo und warum auch immer mitten auf der Straße stehen geblieben. Nein, es ist seine Straße und seine Schweigeminute, aufgezeichnet am 9. Januar 2018 um 15.58 Uhr von Ulf Aminde, einem der „vor Ort“ beteiligten Künstler. Am 9. Januar 2004 um 15.58 sorgte die Keupstraße in Köln weltweit für Entsetzen, weil die ‚rechtmäßigen‘ Deutschen die, welche man einst als „Gäste“ zur Vermehrung des…