Wie wir wurden, was wir sind
Ausgewählte Kunstarchive im Rheinland
von Melanie Weidemüller
Es war alles andere als Liebe auf den ersten Blick. 1981 reiste die in Berlin wohnhafte Lehrerin Gisela Capitain nach Köln, um Kasper Königs „Westkunst“-Ausstellung zu sehen. Sie erinnere sich noch gut an diesen Besuch in der immer noch von Kriegswunden gezeichneten Domstadt, erzählt sie rückblickend, „die ich als so was von hässlich empfunden habe, dass ich dachte, ich werd in meinem Leben nicht alt werden in so einer Stadt“. Doch genau dieses gebaute Kauderwelsch am Rhein und das benachbarte Düsseldorf waren bekanntlich zu jener Zeit Schauplatz für prägende Ereignisse der Kunstgeschichte. Gisela Capitain gab den Lehrerberuf auf, leitete zunächst die Kölner Filiale des Stuttgarter Galeristen Max Hetzler und eröffnete Anfang 1983 ihre eigene Galerie. Heute gehört die in alle Welt vernetzte Galerie Gisela Capitain, inklusive des von ihr repräsentierten Estate of Martin Kippenberger, zu den Konstanten der Kölner Kunstszene.
Nachzuhören sind die Erinnerungen der Galeristin und vieler weiterer Protagonist*innen jener aufregenden Jahre im „audioarchiv kunst – Stimmen zu den Anfängen der zeitgenössischen Kunst im Rheinland“. 2018 ging die fortlaufend um neue Audiofiles ergänzte Plattform online, ins Leben gerufen von der Kunsthistorikerin und Journalistin Sabine Oelze und ihrer Kollegin Marion Ritter, die auch den Artblog Cologne betreibt. Das Archiv bewahrt Erfahrungen und Erinnerungen jener Protagonist*innen oder Beobachter*innen der Kunstszene, die damals den Grundstein für die rheinische Kunstlandschaft gelegt haben. Dazu zählen die Künstler*innen Konrad Klapheck, Rissa, Gary Kuehn oder Ulrike Rosenbach, Galeristen wie Rolf Ricke, Paul Maenz, Rudolf Zwirner, aber…