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Zeichnen zur Zeit · von Reinhard Ermen · S. 198 - 201
Zeichnen zur Zeit , 2018

William Kentridge

Vor den Augen der Betrachter verwandeln sich die Zeichnungen. Der Tote in der Landschaft wächst zu. Zeitungen verdecken ihn oder wird er von den Zeichnungen begraben, die im Zimmer irgendwo im korrespondierenden Gegenüber aus dem Koffer fliegen und sich breitmachen. Durch den Spiegel schaut Er (der Träumende und Sehende) zu Ihr nach Draußen. Das Teleskop hilft, Sie zu erinnern, meint aber auch das Instrument, mit dem Sie die Landschaft vermisst, die er zeichnet. Der Seismograph verrät ein Beben. Grau in Grau, nur das Wasser und einige Spitzen kommen blau. Langsam mischt sich im letzten Drittel Rot ins Bild. Es scheint keine weißen Stellen in diesen Zeichnungen zu geben, sondern nur die Spuren von Kommen und Gehen! Denn (fast) jede Bewegung, wenn das Land über dem malträtierten Körper zuwächst, wenn die Papiere wie Vögel davonfliegen, – jede Veränderung verrät sich als offener Prozess. Dass originale Einzelblatt ist umstellt von dem, was kommt und dem, was gewesen ist. Setzen, Wachsen und Verwischen bestimmen den Werdegang dieser Metamorphosen, zu denen eine gestisch empfindsame Musik erklingt. Dass William Kentridge mit Kreide, bzw. mit Kohle arbeitet, sieht man diesen Bildern sofort an, erst diese Technik macht Filme möglich, die ein kontinuierliches Zeichnen nach Maßgabe von Stopptrick und Einzelbild unter redaktioneller Zuhilfenahme des Schnitts pflegen. Der Künstler selbst rechnet vor, dass bei den herkömmlichen 24 Bildern pro Sekunde eine Sekunde als 35 Millimeter Film 45,5 cm ausmachen. Für eine Minute sind 1500 Bilder notwendig, bzw. „750 Änderungen an einer Zeichnung, wenn man pro Änderung zwei…

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