Michael Hübl
Wo Kunst und Wissenschaft ein Thema sind, darf die Alchemie nicht fehlen
“Die Selbsterkenntnis ist die Bedingung für Freiheit, wie die Freiheit Bedingung ist für Wahrheit und Wahrheit Bedingung für Glück.”1 Hohe Worte. Sentenzen, die Maßstäbe setzen. Maßstäbe, deren Niveau Arturo Schwarz in seinem Aufsatz “Arte e Alchimia” zu halten versucht. Um die Kunst und um die Alchemie geht es, um die geheimen und offenbaren Parallelen zwischen alchimistischen und künstlerischen Vorstellungen, Verfahren. Daß der Alchimist ein Künstler sei, darauf verweise – so Schwarz – bereits eines der Synonyme für die als Vorläuferin der Chemie nur unzureichend charakterisierte dunkle Wissenschaft Alchemie: Magna Ars, Große Kunst wurde sie genannt. Groß war schließlich ihr Anspruch – immerhin sollte durch sie die ‘prima materia’, die schwarze Urmaterie gefunden werden.
Schwarz (Arturo) hat sich offenbar so sehr in seine alchimistische Materie vertieft, daß er den Begriff ‘ars’ nur gerade mit so viel Schärfe und Genauigkeit faßte, wie in einem verdampften und verqualmten (Bilderbuch)-Alchimistengewölbe möglich ist. ‘Ars’, die römische Übersetzung des griechischen ‘techne’ meint zunächst (bis weit ins Mittelalter hinein) nichts anderes als Handwerk, Kunstfertigkeit, fachliches Können und Wissen, salopp formuliert: “Know how”. Mit Kunst im modernen Sinne hat also ‘ars’ allenfalls am Rande zu tun.
Wenn nun Schwarz auf diese Weise und voller Nonchalance den modernen ‘artista’ mit der antiken und mittelalterlichen ‘ars’ verheiratet, muß das der Fruchtbarkeit seiner These deshalb noch lange keinen Abbruch tun. Eröffnen sich dadurch doch die verschiedensten Definitionen für das, was ein Künstler sei. Der Künstler als Alchimist – das kann…