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Titel: Bild und Seele · S. 238 - 240
Titel: Bild und Seele , 1989

Theo Kneubühler
Zeichen eines inneren Dschungels

ÜBER LOU STENGELE

Meine Malerei, mein künstlerischer Ausdruck hat mich lange nicht voll befriedigt, weshalb ich auch mit Zeigen sehr zurückhaltend war. Nach langen guten und schweren und wieder guten Jahren fand ich meinen Stil – und ist bis heute nicht zur Ruhe gekommen -, was mich fordert und beglückt”, notierte Lou Stengele (*1898) vor Jahren. Sie lebt im Altersheim Alp in Emmenbrücke und mußte das Malen vor zwei Jahren infolge einer Sehbehinderung aufgeben.

Lou Stengeles Bilder sind kleinteilige Vielfältigkeitsfelder; manchmal stark verdichtet, so daß die Bilder wirken wie gewaltsam zusammengepreßt, doch meistens sind sie aufgelöst, locker, frei schwebend. Eine starke Ordnungstendenz steht einer schwachen gegenüber. Doch wäre es Ausdruck einer rein formalen Betrachtungsweise, wenn diese Ordnungsformen als Gegensatz gesehen würden. Es sind verschiedene Zustände auf dem gleichen Kontinuum. Die verdichteten Bilder sind oft dunkel, zeugen vom Zustand einer dunklen Erregtheit, die mit Angst gleichgesetzt werden kann (deshalb auch dieses gewaltsam Zusammengepreßte), während die aufgelösten, schwebenden Bilder zumeist hell sind und von einem Zustand der Entspanntheit zeugen.

Beide Arten sind Zustandsausdruck, das ist grundlegend für das Schaffen von Lou Stengele. Die Art und Weise der Formordnung (verdichtet/aufgelöst), der Farberscheinung (dunkel/hell), der Formarten (hart/weich) in all ihren Zwischenstufen und Beziehungen sind Objektivierungen des inneren Raumes in seinen schnell wechselnden, fließenden Konstellationen.

Zustand ist immer eine vor-bildliche Situation, ein flüssiges Wechselverhältnis bestimmter positiver und negativer Energien, die in der Tiefe des Innern (des Unbewußten) in ihren Voraussetzungen undurchschaubare Spiele treiben. Ein Bild dafür ist das Wuchern eines kaum durchdringbaren Dschungels mit…


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