Karl-Jürgen Krause
Zwischen res publica und Allmende
Notizen zur Geschichte des öffentlichen Raumes
Die Diskussion um den öffentlichen Raum ist gegenwärtig geprägt durch begriffliche Unschärfen. Als Beispiel sei die oft zitierte Behauptung erwähnt, Gefährdungen für den öffentlichen Raum ergeben sich durch die „Tyrannei der Intimität“ (Richard Sennett1). Es ist dies ein deterministischer Fehlschluss, der mangels jener Unterscheidung eintritt, die schon dem römischen Recht grundlegend war: den öffentlichen Ort (locus publica), den alle benutzen, deutlich zu trennen vom öffentlichen Verhalten (res publica), das alle betrifft. Unzulässig – weil in offensichtlicher Unkenntnis historischer Tatsachen – erscheint schließlich auch die pauschale Abwertung der „Allmende“, das gemeine Land in Feld und Flur, wozu traditionell auch der öffentliche Raum der Straßen, Plätze und Wege als „innere Allmende“ des Gemeinwesens gehört, sie sei durch individuelle Vorteilssuche und Übernutzung zugrunde gerichtet worden (so Garrett Hardin2).
Öffentlicher Raum ist der physisch-dreidimensionale Raum, der für die Allgemeinheit zugänglich ist: Straßen, Wege und Plätze, die dem Gemeingebrauch für jeden anheimfallen, der sie ohne besondere Erlaubnis im Rahmen ihrer Widmung zum Verkehr benutzen will (= öffentlicher Weg3), bestehend aus: a) der für den Verkehr unmittelbar bestimmten Oberfläche, b) dem unter ihr befindlichen Grund und Boden und c) dem über ihr vorhandenen Luftraum.4
Der öffentliche Raum erhält insoweit seine Eigenschaften durch Widmung nach Maßgabe seiner verkehrlichen Bedeutung, z.B. Landstraßen, Kreisstraßen, Gemeindestraßen. Und durch Jurisdiktion (Verfügungsgewalt): öffentliche Wege, beschränkt öffentliche Wege – im Unterschied zu den privaten Eigentümerwegen. Als öffentlicher Raum werden auch öffentliche Gebäude begriffen (= öffentlicher Ort, richtungweisend für das Gewerberecht5), die zwar der Öffentlichkeit…