documenta fifteen: umstrittene Bannerinstallation wird abgebaut

21. Juni 2022 · Kulturpolitik

“Nun ist passiert, was niemals hätte passieren dürfen: Die documenta in Kassel zeigt antisemitische Kunst”, beklagte sich die HNA-Hessisch-Niedersächsische Allgemeine. Ein Großbild des indonesischen Kollektivs Taring Padi auf dem Kasseler Friedrichsplatz musste zunächst verhüllt werden, denn es zeigt Schweinsgesichter mit Helmen, die als Aufschrift den Namen des israelischen Auslandsnachrichtendienstes Mossad tragen und die verzerrte Karikatur eines Juden mit Schläfenlocken, Zigarre und SS-Runen auf dem Hut. Kulturstaatsministerin Claudia Roth stellte klar: “Das ist aus meiner Sicht antisemitische Bildsprache.” – “Die in einigen Exponaten gezeigten Elemente erinnern an die Propaganda von Goebbels und seinen Handlangern in dunklen Zeiten der deutschen Geschichte”, beschwerte sich die israelische Botschaft und forderte die Entfernung des Werks. Auch anderen reicht die Verhüllung nicht aus: “Ist es richtig, das Banner zu verhüllen, als sei es ein Werk des Verpackungskünstlers Christo?” fragt die HNA. „Es ist überfällig, dass dieses Wandbild, das eindeutig antisemitische Bildelemente aufweist, jetzt von der documenta entfernt wird. Die bloße Verhüllung und die Erklärung des Künstlerkollektivs Taring Padi dazu waren absolut inakzeptabel”, fordert auch Kulturstaatsministerin Claudia Roth. Das Kollektiv Taring Padi versuchte sich nämlich mit den Worten zu verteidigen: „Die Banner-Installation People’s Justice (2002) ist Teil einer Kampagne gegen Militarismus und die Gewalt, die wir während der 32-jährigen Militärdiktatur Suhartos in Indonesien erlebt haben und deren Erbe, das sich bis heute auswirkt. Die Darstellung von Militärfiguren auf dem Banner ist Ausdruck dieser Erfahrungen. Alle auf dem Banner abgebildeten Figuren nehmen Bezug auf eine im politischen Kontext Indonesiens verbreitete Symbolik… Sie steht in keiner Weise mit Antisemitismus in Verbindung. Wir sind traurig darüber, dass Details dieses Banners anders verstanden werden als ihr ursprünglicher Zweck…Das Werk wird nun zu einem Denkmal der Trauer über die Unmöglichkeit des Dialogs in diesem Moment…” Dies dürfte jedoch die Aufregung über das Werk und die Ausstellungsstrategie der Documenta kaum mildern: Das American Jewish Committee Berlin forderte die Entlassung der Documenta-Geschäftsführerin und wird sich durch die versuchte Klarstellung von Taring Padi kaum umstimmen lassen. “Ruangrupa und die documenta stehen vor einem mittelschweren Scherbenhaufen”, bilanzierte die Hessenschau. Der Grünen-Politiker Volker Beck, zugleich Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG), erstattete Strafanzeige wegen Volksverhetzung. Das Ergebnis ist nun die umstrittenen Bannersintallation vollständig abzubauen. Es bleibt die Prognose: Die d 15 wird ihr aktuelles Skandal-Image wohl so schnell nicht los. ” https://documenta-fifteen.de/

Dazu in Band 279 erschienen:


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