Documenta: Strukturreform angemahnt

18. Juli 2022 · Kulturpolitik

„Zentralrat der Juden erhöht den Druck auf Claudia Roth“, meldete die BILD-Zeitung wenige Tage nach dem Rücktritt von Sabine Schormann als Documenta-Generaldirektorin. Jetzt geht es nicht mehr nur um die Ungeschicktheiten im Umgang mit dem umstrittenen Banner von Taring Padi, sondern um ein „strukturelles Problem“ im „deutschen Kulturbetrieb“, wie der Zentralratsvorsitzende Josef Schuster feststellte: „Viele Akteure im Kulturbetrieb stellen sich gegen den wichtigen Bundestagsbeschluss, der BDS auch eindeutig als antisemitisch benannt hat“. Über die anti-israelische Boykottbewegung BDS hieß es 2019 in einer Resolution des Deutschen Bundestages: „Der Bundestag tritt damit jeder Form des Antisemitismus schon im Entstehen entschlossen entgegen und verurteilt die BDS-Kampagne und den Aufruf zum Boykott von israelischen Waren, Unternehmen, Wissenschaftlern, Künstlern und Sportlern“ (Bundestags-Drucksache 19/10191). Die heutige Kulturstaatsministerin Claudia Roth hatte der Resolution nicht zugestimmt. Auch mehreren d 15-Teilnehmer*innen wird vorgeworfen, den Boykottaufruf zu befürworten. Andere hingegen sehen durch den Bundestagsbeschluss die „im Grundgesetz verankerte Freiheit von Kunst und Wissenschaft in Gefahr“. Schuster fordert weiterhin von den „Verantwortungsträgern für die Kulturpolitik“, einer „Verharmlosung des BDS“ entgegen zu treten, und er meint damit vor allem auch Claudia Roth: „Sonst wird es Vorfälle wie bei der documenta immer wieder geben.“ Die „taz-Die tageszeitung“ bilanziert über den d-15-Skandal: „Das kulturpolitische Projekt, den Globalen Süden nach Kassel kommen zu lassen, hatte man wohl in den vielen Monaten bis zur Eröffnung über eine nötige Aushandlung von Werten gestellt. Dergleichen soll künftig nicht mehr geschehen. Die Strukturen der documenta sollen fortan auch von Experten aus dem Kulturbetrieb besetzt werden. In ihrem Aufsichtsrat sitzen derzeit nur Personen der Stadt- und Landespolitik.“ Nach den Vorstellungen der Kulturstaatsministerin sollten „Kuratoren… in Zukunft ganz anders begleitet werden“, offenbarte sie gegenüber der „Augsburger Allgemeinen“. Denn über das jetzige kuratorische Team urteilt sie: „Ich glaube nicht, dass die eine Ahnung hatten, was unsere tatsächlich wichtigen historischen Verantwortungen und Sensibilitäten sind… Die Konsequenz daraus muss sein, dass man sich anschaut: Wer hat die Verantwortung? Wie kann man, wenn Kuratoren von außen kommen, diese ganz anders begleiten?“

Dazu in Band 281 erschienen:


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