Gericht entschied: Stadt Görlitz darf Kunstwerk abbauen

22. September 2021 · Kulturpolitik

Das Sächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) in Bautzen entschied, dass die Stadt Görlitz die Installation „Görlitzer Art Kulisse“ der Künstlerin Lisa Maria Baier abbauen darf. Die Stadt Görlitz hatte den Ausstellungsvertrag mit der Künstlerin gekündigt, weil Kulturbürgermeister Michael Wieler die „guten Beziehungen“ zum Nachbarland Polen gefährdet sah. Ursprünglich war Görlitz als Drehort für Filme Thema des Wettbewerbs gewesen, doch nach der Einjurierung hatte die Künstlerin ihre Arbeit um eine Kritik an der polnischen Abtreibungspolitik ergänzt. Wieler wollte das Werk aber nur in der ursprünglich vorgesehenen Fassung im öffentlichen Stadtraum platziert sehen; die Jury habe ein konkretes Werk ausgewählt, dieses dann aber nicht wie vereinbart erhalten. Das OVG gab ihm recht; die Kunstfreiheit werde dadurch nicht berührt. Generell garantiert das Urheberrecht dem Schöpfer eines künstlerischen Werks ein Recht am „geistigen Eigentum“; dies impliziert auch ein Erstausstellungsrecht: mithin entscheidet ein Künstler oder eine Künstlerin, wann ein Werk fertig ist und wann es erstmals veröffentlicht wird. Aus dem Görlitzer Rechtsstreit ergibt sich nun die akademisch interessante Frage, ob ein Urheber sein eigenes Werk nachträglich noch verändern darf und ob ein Auftraggeber oder Käufer dies letztlich hinnehmen müsse. Im vorliegenden Falle ging es jedoch nicht um nachträgliche Veränderung, deren Ergebnis dem Kunstgeschmack der Jury oder des Kulturbürgermeisters nicht mehr gefallen hätte, sondern um außerkünstlerische Aspekte, nämlich um kommunalpolitische Befürchtungen einer diplomatisch-politisch unerwünschten Wirkung dieser Veränderung. Wer politisch engagierte Kunst betreibt, die Anstöße geben, aufwühlen und intellektuell attackieren will, dürfte den Ausgang des Verfahrens bedenklich finden.


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