Lenbachhaus: Radio-Aktivität

17. Februar 2020 · Museen & Institutionen

„Radio-Aktivität – Kollektive mit Sendungsbewusstsein“: vom 18. Februar bis zum 23. August 2020 dokumentiert das Münchener Lenbachhaus „politische und künstlerische Kollektive, die sich ihre eigenen Organe und Kommunikationswege schufen“. Als erster deutscher Radiosender nahm im Dezember 1923 die Berliner Funk-Stunde AG ihren Betrieb auf; zwischen 1925 und 1931 schlossen sich dann alle regionalen Sender zur Reichsrundfunkgesellschaft zusammen. Der Dichter Bertold Brecht stand dem neuen Medium Rundfunk noch 1932 ziemlich reserviert gegenüber: „Es ist eine sehr schlechte Sache. Man hatte plötzlich die Möglichkeit, allen alles zu sagen, aber man hatte, wenn man es sich überlegte, nichts zu sagen“. Damit meinte er eine Plapprigkeit und Seichtheit, wie man sie heute vielfach den privaten TV-Sendern oft vorwirft. Denn das Rundfunkprogramm war in den Pioniertagen um 1930 nicht sehr anspruchsvoll: „Statt Aufklärung gab es Wiener Walzer und Kochrezepte, statt Debatten nette Geschichten“ heißt es zur Ausstellung. Daher forderte Brecht 1932, man möge das Radio zu einem Kommunikationsmedium umzufunktionieren, mit dem die Empfänger nicht nur passiv konsumieren, sondern sie sollten selbst aktive Sender und Produzenten werden – was sich in Westdeutschland aber erst in den 1980er Jahren mit der Vergabe von privaten Sendelizenzen legal verwirklichen ließ. Die Nazis missbrauchten das Radio als Propagandainstrument, und nach 1945 wachten fast überall in Europa staatliche Instanzen wie die Post über ihr Rundfunkmonopol – bis dann erst in den 1960er Jahren die ersten freien „Piratensender“ außerhalb der Hoheitsgewässer vor der niederländischen Küste auf Sendung gingen. „Die Utopie schrankenloser und herrschaftsfreier Kommunikation elektrisierte und beflügelte“ auch Künstlerinitiativen wie die „Situationistische Internationale“ und viele politische Kollektive der 1960er und 1970er Jahre. Die Ausstellung zeigt künstlerische Beiträge von Assoziation revolutionärer bildender Künstler Deutschlands (ARBKD), Tomaso Binga, Cashmere Radio Berlin, Betty Danon, Isa Genzken, Gruppe SPUR, Kurt Günther, Wilhelm Heise, Ralf Homann/Manuela Unverdorben, Institute for Computational Vandalism, Jacqueline de Jong, Laboratorio P, Katrin Mayer, Karolin Meunier, Stephanie Müller, Andrea Lesjak, Kalas Liebfried, Stefanie Müller, Radio Papesse, Max Radler, Ketty La Rocca, Ruine München, Rudolf Schlichter, Xul Solar, Kurt Weinhold, Andreas Zeising, H. P. Zimmer und Lina Zylla. https://www.lenbachhaus.de


WEITERE NACHRICHTEN

DAS KÖNNTE SIE AUCH INTERESSIEREN
KUNSTFORUM Probe lesen

„KUNSTFORUM ist ein Magazin, das so gut wie jedes Thema, das wichtig ist, beackert hat, und es ist so umfangreich, dass ich manchmal noch einmal in Heften von vor zehn Jahren schaue, und nicht selten erweist sich Kunstforum als eine Fundgrube…“ – Kasper König

Jetzt nur noch kurz bestätigen...

Wir freuen uns über Ihr Interesse am KUNSTFORUM Newsletter! Sie haben nun eine E-Mail an die von Ihnen angegebene Adresse bekommen, bitte bestätigen Sie Ihre Anmeldung über den Link!

OK
BIENNALE
GUIDE 2024
JETZT
BESTELLEN