Rechtsstreit um gestohlene Purrmann-Bilder

1. August 2019 · Kulturpolitik

Paragraf 936 BGB regelt die „Ersitzung“ einer „beweglichen Sache“: wer sie zehn Jahre lang besessen hat, erwirbt daran das Eigentum. Allerdings heißt es in Absatz 2: „Die Ersitzung ist ausgeschlossen, wenn der Erwerber bei dem Erwerb des Eigenbesitzes nicht in gutem Glauben ist oder wenn er später erfährt, dass ihm das Eigentum nicht zusteht.“ Darum geht es in einem Fall von Kunstdiebstahl, den der Bundesgerichtshof BGH jetzt zur Neuverhandlung an das Oberlandesgericht Nürnberg zurück wies: 1966 starb der Maler Hans Purrmann; zwei seiner Bilder wurden 1986 seiner Familie gestohlen. Sie tauchten erst 2009 wieder auf, als die Tochter eines Autotechnik-Großhändlers sie bei einem Auktionshaus einliefern wollte, wo dann auffiel, dass sie als gestohlen registriert sind. Ihr Vater erklärte, er habe die beiden Bilder Ende der 1980er Jahre von seinem Stiefvater geschenkt bekommen, der sie in gutem Glauben bei einem Antiquitätenhändler gekauft habe, und er berief sich daher auf das Eigentumsrecht durch Ersitzung nach zehn Jahren. Dagegen klagte ein Enkel des Malers Purrmann, doch das Landgericht Ansbach wies seine Klage ab, und das Oberlandesgericht verwarf desgleichen seine Berufung. Der BGH stellte nun klar, dass die Beweislast für den rechtmäßigen Eigenbesitz bei demjenigen läge, der die Ersitzung für sich reklamiert. Wenn sich nun aber ein Kläger, in diesem Falle der Enkel des Malers, auf Absatz 2 beruft und den gutgläubigen Erwerb anzweifelt, läge dafür die Beweislast bei ihm. Ein Laie in Sachen Kunst habe jedoch nicht automatisch die „Pflicht zur Nachforschung bei dem Erwerb eines Kunstwerks als Voraussetzung für den guten Glauben“: er würde aber „bösgläubig“ handeln, „wenn besondere Umstände seinen Verdacht erregen mussten und er diese unbeachtet lasse.“ Diese „Beweislastverteilung“ ist offensichtlich von den Vorinstanzen nicht gebührend berücksichtigt worden, „weil es an einer auf den konkreten Vortrag des Beklagten bezogenen tatrichterlichen Würdigung fehle, ob der behauptete Erwerbsvorgang als widerlegt anzusehen sei oder nicht, sowie wegen weiterer Verfahrensfehler des Berufungsgerichts“: Ergo muss nun erneut verhandelt werden, wem die Bilder künftig gehören.(s. Pressemitteilung des BGH Nr. 97/2019 v. 19.07.2019)


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