Tanz, Bildende Kunst und technische Bilder
von Claudia GIANNETTI
Seit der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts beschäftigten sich die an Tanz- und Film-Welt interessierten Künstler*innen intensiv mit einem „intermediären Genre“, das die Verflechtung beider Bereiche fördern sollte. Der Weg zum interdisziplinären Kunstwerk erforderte jedoch eine Distanzierung von der expliziten Filmdokumentation von Tanzaufführungen und eine Fokussierung auf eine spezifisch für das audiovisuelle Medium konzipierte Choreografie. Dieses Anliegen war nicht neu. Rudolf Arnheim hatte bereits in Film als Kunst (1930) argumentiert, dass das Kino nur eine künstlerische Kategorie erreiche, wenn es die Notwendigkeit aufgebe, Realität zu reproduzieren und die faktische Welt zu erfassen. Doch nur wenige, die sich diesem intermediären Genre widmeten, setzten den Unterschied zwischen Weltbild und Filmbild in die Praxis um und waren in der Lage, eine spezifische audiovisuelle Sprache zu schaffen, die auf bloße filmische Aufzeichnung des Bühnentanzes verzichtete.
Dieser Text befasst sich mit zwei Bereichen der künstlerischen Produktion, in denen Tanz zentrales Thema ist und audiovisuelle wie computerbasierte Medien zum Einsatz kommen: Zum einen Tanz und Bewegtbild, zum anderen Tanz und Computer im Kontext von Medienkunst. Die Beispiele fokussieren dabei hauptsächlich latein- und iberoamerikanische Positionen.
Tanz und Bewegtbild
Die Beziehung zwischen Tanz und audiovisuellen Medien geht auf den Experimentalfilm zurück, der als dance-on-film, dance for the camera, choreo-cinema, film dance oder dance film bekannt wurde. Mit der künstlerischen Umsetzung von Video, vor allem ab den 1970er Jahren, wurden die Begriffe Videotanz und media dance (Charles Atlas) sowie, in jüngster Zeit, screen dance oder dance on screen geprägt.
Für die Definition formaler und ästhetischer Kriterien…