Report
Brücke zwischen Tradition und Heute
Taschkent Moderne und 1. Bukhara Biennale als Teil von Usbekistans Transformation in eine Kulturnation
Ein Bericht von Sabine B. VOGEL
Auf kaum etwas sind die Usbek *innen so stolz wie auf ihre Keramikkunst. Sogar während der russischen Besatzung bis zur Unabhängigkeit 1991 fanden sie Wege, diese bunte Welt islamisch inspirierter Muster lebendig zu halten. Besonders in der Hauptstadt Taschkent wurde diese Kunst in einzigartiger Weise mit dem strengen Stil der Moderne verbunden: Nach dem verheerenden Erdbeben 1966 hatte die Moskauer Zentralregierung beschlossen, Taschkent als „Schaufenster des sowjetischen Orients“ neu aufzubauen. So entstanden in dieser damals viertgrößten Stadt der UDSSR neben den Wohnhäusern zahlreiche Monumentalbauten wie der „Palast der Völkerfreundschaft“ mit strahlendblauer Keramikummantelung und traubenförmigen weißen Kronleuchtern im Innenraum. Das ehemalige Lenin Museum, heutige Geschichtsmuseum ist rundum verziert mit riesigen, weißen Arabesken und die Mosaik-Fassade des TV-Senders wirkt wie ein gigantisches Werk von Sol LeWitt. Bis heute sieht man überall auf den Fassaden der eng beisammenstehenden Apartmentburgen, über den Eingängen von Hotels und auf den Balkongittern der Plattenbauten verspielte Keramik- und Metall-Applikationen.
Sollte so die traditionellen Handwerkskunst sozialistisch umgewertet werden, steht die sowjetische Moderne heute als Symbol einer Neupositionierung. Als „Taschkent Moderne“ ist es jetzt wesentlicher Teil der politischen Strategie des seit 2016 autoritär herrschenden Präsidenten Shavkat Mirziyoyev, der erst seit kurzem auf internationalen Druck hin die Zwangsverpflichtung für staatliche Bedienstete bei der Baumwollernte abschaffte. Die Taschkent Moderne ist Teil seines ambitionierten Programms, mit dem er Usbekistan als Kulturnation unter dem Motto „Brücke zwischen Tradition und Moderne“ neu…