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Monografie · S. 174 - 205
Monografie , 1977

Zum 200. Geburtstag von P.O. Runge

Michael Lingner
Die Konvergenz der Künste

Materialien zur Aktualität P.O. Runges

‘Wenn ihr doch diese wunderliche Musik, die der Himmel heute dichtet, in eure Malerei hineinlocken könntet’1!- Dieses Wunschbild, das der Dichter Florestan dem Maler Sternbald in Ludwig Tiecks Roman ‘Franz Sternbald’s Wanderungen’ entwirft, charakterisiert einen der folgenreichsten Leitgedanken romantischer Kunst: Auserwählt zur ‘Führerin in eine neue Schauwelt’2, gilt die Musik den Romantikern nicht nur als etwas ‘noch viel Höheres denn die bildende Kunst’3, sondern sie nimmt, als eine himmlische Musik, als ‘urbildlicher Rhythmus der Natur und des Universums’4gedeutet, sogar ‘nächst der Theologie unter allen Wissenschaften und Künsten des menschlichen Geistes den ersten Platz ein’5. Weit mehr als nur die Klangbilder traditioneller Tonkunst umfassend, ist dieser, ihren höchsten Rang unter allen Künsten begründende, romantische Begriff von Musik nicht durch Kanonisierung eines romantischen Musikstils entstanden6, sondern in naturphilosophisch fundierten Reflexionen über das Wesen des Musischen entwickelt und dabei ‘transmusikalisch’7 erweitert worden: ‘Die musikalischen Verhältnisse scheinen recht eigentlich die Grundverhältnisse der Natur zu sein’8; auch im Sonnensystem drückt sich das ganze System der Musik aus’9.

Die Entdeckung von musikalischen Organisationsformen in der Natur sowie die damit verbundene Vorstellung, daß ‘Urlaute der Schöpfung’10 als ein-und-dieselbe ‘Grundmelodie’11 im Menschen, in der Welt und im Universum klingen, prädestinieren die Musik zum Vorbild einer von den Romantikern ersehnten idealen (universellen und allgemein verständlichen), einzigen Kunstsprache, zumal ihr – gleichsam als Antizipation einer solchen künstlerischen Idealsprache – Gestaltqualitäten aus dem Formenkanon anderer Künste strukturell inhärent sind: ‘Wenn die drei Grundformen oder Kategorien der Kunst Musik,…


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