Die Macht des Feuers
Objekt, Material, Zeichen
von Isa BICKMANN
Das Feuer ist ein einzigartiges Phänomen, das alles zu erklären vermag. — Gaston Bachelard1
Die Nutzbarmachung des Feuers vor über einer Million Jahren gehört zu den wesentlichen Beförderern der Evolution.2 Sie ist die maßgeblich erste kulturelle Leistung, deren Gewinn den Bogen von der sozialen Interaktion und der Nutzbarmachung von Nahrungsmitteln zu den angewandten und bildenden Künsten spannt, ob Keramikherstellung, Metallbearbeitung oder Kohlezeichnung an der Höhlenwand. So fern die Bedeutung des Feuers in der Evolutionsgeschichte erscheinen mag, seine Bedrohung ist im Hightech-Zeitalter angesichts der verheerenden Waldbrände unvermindert wahrzunehmen. In den Zeiten des Klimawandels steht das Feuer als Sinnbild für die Zerstörung der Erde durch den Menschen. Der Waldbrandexperte Stephen Pyne prägte wohl als erster den Begriff „Pyrozän“ als die erdgeschichtliche Phase, in der das Verbrennen dominiert.3 Die fortwährende mediale Präsenz unkontrollierter, erbarmungsloser Feuer mag das Aufflammen des Feuermotivs in der Gegenwartskunst befördert haben. Auch ist das Feuer nicht nur eine Urkraft, die zu den Wurzeln von Imagination und Handwerk führt, sondern die Grundlage der Elektrizität und damit unserer digitalen Umgebung. Feuer steht für Widerstand und Zerstörungslust. Feuer ist schon für sich ein Gesamtkunstwerk, denn es bewegt sich, es gibt Licht, knistert, knallt und bedient den Geruchssinn. Feuer ist „a prolific storyteller and wordly myth-maker.“4
Feuer taucht in vielen Ausstellungstiteln der jüngeren Zeit auf, wie u. a. Fire. Flashes to Ashes in British Art 1692–2019 (Royal West of England Academy, Bristol, 2019), Notre monde brûle (Palais de Tokyo, Paris, 2020). A Fire in My Belly (Julia…