Die Pariser Landkarte der Fotografie
Ein Gespräch mit Florian EBNER von Heinz-Norbert JOCKS
Florian Ebner, 1970 in Regensburg geboren, ist seit 2017 Chefkurator der fotografischen Sammlung im Pariser Centre Pompidou. Seit 2012 leitete er die Sammlung Fotografie am Essener Museum Folkwang. 2015 war er Kurator des Deutschen Pavillon der Biennale in Venedig.
HNJ Die Fotografie, die rasch die Welt eroberte, wurde in den 1820er Jahren in Burgund von Joseph Nicéphore Niépce erfunden.
FE Und in Paris 1839 als Erfindung vorgestellt und der Welt geschenkt. Die erste, bis heute erhaltene, mit einer Camera Obscura aufgenommene Fotografie Blick aus dem Fenster in Le Gras (1826 / 27) wird bald 200 Jahre. Frankreich, sich dieser Erfindung einer weltverändernden Technik bewusst, stellt sie ganz stark nach vorne. Zu ihrem 200. Jubiläum plant das französische Kulturministerium für 2026 / 27 eine große Veranstaltungsreihe, die nicht nur die erste Fotografie, heute im Besitz des Harry Ransom Center in Austin, feiert, sondern auch die Pluralität der Erfindungen der Fotografie im Hinblick darauf, wie sie das Bild der Welt veränderte.
HNJ Laut Jean Baudrillard und Paul Virilio wurde mit der Digitalisierung das Ende der Fotografie eingeläutet.
FE Die tägliche Bilderflut, die das Gegenteil beweist, zeigt das Ausmaß der Weiterentwicklung digitaler Fotografie, die nicht mehr für „Es ist so gewesen“ steht, sondern ein konsumierbares „kommunikatives Bild“ (André Gunthert) ist. Die generierenden Bilder künstlicher Intelligenz, mehr als nur eine graduelle Neuerfindung, haben zu etwas Anderem geführt: Weiterhin ein technisches Bild, geht es aber nicht mehr um das „Recording“, vielmehr um generative…