Online Exklusiv: Atelierbesuche Paris
Emile Degorce-Dumas
Queere Ästhetik in Ton
von Heinz-Norbert Jocks
1986 in Französisch-Guayana geboren, studierte in Nizza an der renommierten Villa Arson. Lebt und arbeitet in Paris.
In Französisch-Guayana, wo ich aufwuchs, ist das Handwerk allgegenwärtig. Es imprägniert sowohl Alltagsgegenstände als auch Stoffe und Gesten. Meine Eltern waren passionierte Sammler, die diese Kulturfragmente in Haus holten. Schon früh verstand ich, dass alles Handgemachte mit Energie und Erinnerungen aufgeladen ist. In das Zeichen von meiner Schwester, die an der École des Beaux-Arts in Rouen und den Arts Décoratifs studierte, eingeführt, erfuhr ich, dass ich auf diese Weise meinen Blick auf die Welt schärfen kann.
Die Villa Arson, in der für mich nach der von mir oft geschwänzten Schule alles begann, war ein idealer Ort zum Lernen: ein Mikrokosmos zeitgenössischer Kunst, ein Kunstzentrum und Künstler*innenwohnheim. Dort stand das Schaffen, gepaart mit Reflexion im Vordergrund, während der Kunstmarkt tabuisiert war. Neben Wissen vermittelten mir Künstler*innen, Student*innen und Professor*innen auch ihre Art und Weise, die Welt zu bewohnen. Und mein Zeichenlehrer Jean-Luc Verna öffnete mir die Augen für die Queer- und Randkultur, für John Waters und Kenneth Anger, die in ihrem Leben so frei wie respektlos waren. In dieser fast utopischen Atmosphäre nahm ich alles um mich herum wahr und auf, sah Filme, tauschte mich aus, machte ästhetische Erfahrungen und las. Susan Sontags Camp-Begriff, insbesondere ihre Lesart von Kitsch erwiesen sich dabei als Offenbarung.
Ich zeichnete, malte und hatte recht bald das Bedürfnis, über die Oberfläche und Zweidimensionalität hinauszugehen, um das hinter dem Bild Verborgene…
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