Köln
Francis Alÿs
Kids Take Over
Museum Ludwig 12.04.–03.08.2025
von Julia Stellmann
Mexikanische Kinderhände wechseln in schneller Abfolge zu Schere, Stein, Papier. Im Kongo dreht sich ein Mädchen mit wie Flügel ausgestreckten Armen immerzu um die eigene Achse. Afghanische Drachenflieger sind angetreten, den Himmel spielerisch zu erobern. Noch fühlt sich die Welt ganz leicht an, unbeschwertes Glück scheint greifbar. Dann aber bricht die harte Realität ins Spiel. Ein Hang im Kongo, den Kinder in alten Autoreifen hinunterrollen, entpuppt sich als Halde einer Kobaltmiene. Mexikanische Kinder verfolgen sich durch brachliegende Häuser, blenden sich mit zerbrochenen Spiegeln durch glaslose Fenster, simulieren Verfolgungsjagden von Drogenkartellen. Im irakischen Mossul spielen fröhliche Kinder nicht länger vom Islamischen Staat verbotenes Fußball zwischen ausgebrannten Autos und zertrümmerten Gebäuden. Ihr Spiel benötigt keinen Ball, entspinnt sich zu einem Ballett aus perfekt simulierten Kopfbällen, Dribblings und Sprüngen. In der Ukraine versuchen drei mit Uniform und Holzgewehren ausgestattete Jungen unweit der Frontlinie russische Spione zu enttarnen. Sie verlangen nach dem Namen eines traditionell ukrainischen Brotes als Zugangspasswort, welches Russen nicht richtig aussprechen können.
Museen eigenen sich normalerweise nicht als Spielplätze. Im Museum Ludwig ist das derzeit anders. Denn schon im ersten Raum der Ausstellung wird bewusst, wer das Museum temporär übernommen hat. In einer Soundkulisse aus Stimmen, Lachen, Rufen zeigen zahlreiche Videos gleichzeitig spielende Kinder. Der Raum ist abgedunkelt und rollbare Stühle stehen bereit, denn auf große Leinwände sind Arbeiten der Children’s Games-Serie von Francis Alÿs (geboren 1959 Antwerpen) projiziert. Seine Children’s Games bespielten bereits 2022 auf der Biennale von Venedig den belgischen Pavillon,…