Essay
Fünf Bewährungshelferinnen für die documenta
von Ingo AREND
Das neu ernannte Kuratorinnen-Team für die documenta 16 spiegelt die „Amerikanische Hegemonie“ des Kunstbetriebs. Ob es der angeschlagenen documenta einen Weg in die Zukunft weisen kann, muss sich zeigen.
Chicago Girls. Die jüngste Komplettierung des Kurator *innen-Teams für die documenta 16 (d16) könnte der amerikanischen Metropole am Lake Michigan eine Ehrenrettung bescheren. Unter dem Spitznamen „Chicago Boys“ hatte in den 1970er Jahren eine Gruppe männlicher Wirtschaftswissenschaftler unter der geistigen Schirmherrschaft des erzkonservativen Chicagoer Wirtschaftsprofessors Milton Friedman den weltweiten Aufstieg einer marktradikalen Ökonomie ideologisch fundiert. Nun könnten die fünf weiblichen Kunstschaffenden, die die documenta 16 in Kassel 2027 kuratieren sollen, das vertrackte Label linksliberal umdeuten. Naomi Beckwith, die im Dezember 2024 ernannte Künstlerische Leiterin der Schau, wirkte am Museum of Contemporary Art und an der School of the Art Institute of Chicago, bevor sie zur stellvertretenden Chefin des New Yorker Guggenheim-Museums aufstieg. Carla Acevedo-Yates war als Kuratorin am Michigan State University Broad Art Museum und am Museum of Contemporary Art Chicago tätig. Romi Crawford ist Pädagogin, Autorin und Professorin für Visual and Critical Studies am School of the Art Institute of Chicago. Xiaoyu Weng ist dem New Yorker Guggenheim-Museum verbunden, wo Beckwith wirkt. Als einzige des Quintetts hat sie mit der Ural-Biennale Erfahrungen mit diesem spezifischen Format. Als Herausgeberin der Schriften der Schriftstellerin und Aktivistin Audre Lorde dürfte der Verlegerin Mayra A. Rodríguez Castro die Rolle der Text- und Publikationsführerin der Runde zufallen. Die Premiere eines rein weiblichen Leitungsteams ist für die Kasseler Schau nach…