Jack O’Brien
Requisiten Instabile
Ein Gespräch von Michael STOEBER
Seit seiner Auszeichnung mit dem Frieze Emerging Artist Prize 2023 ist der 1993 in London geborene Jack O’Brien in Großbritannien ein Star. In Deutschland ist er trotz seiner Vertretung durch die Berliner Galerie Capitain Petzel in der Kunstszene noch weitgehend unbekannt. Das wird sich durch seine erste institutionelle Einzelausstellung in der hannoverschen Kestner Gesellschaft – glänzend kuratiert von Interimsdirektor Alexander Wilmschen – sicher ändern. Was die Besucherinnen und Besucher dort bei ihrem Eintritt in die große Halle im Erdgeschoss des Kunstinstituts sahen, war überwältigend.
O’Briens Installation Cue the Cue verbindet unterschiedliche Materialien formalästhetisch in perfekter Harmonie, während die semantische Dimension des Werks sich der Betrachtung immer wieder neu öffnet und zugleich entzieht. Ähnlich wie es wohl einst bei der Paradeparabel der Surrealisten, der Begegnung eines Regenschirms und einer Nähmaschine auf einem Operationstisch, der Fall gewesen sein muss. Das gelingt dem Künstler mit unterschiedlicher Intensität auch in kleineren Werken, in denen er U-Bahnfenster mit glänzenden Stahlkugeln auffächert, Silberlöffel und Sägeblätter alliiert oder in einer fortlaufenden Werkserie Modemagazine als Bildbühnen für den Auftritt ebenso disparater wie trivialer Materialien in Dienst nimmt. Bei Letzteren ist es gerade der Einsatz solcher alltäglicher und als wertlos erachteter Stoffe, die in ebenso befremdlicher wie subtiler Manier die Lifestyle-Botschaften dieser Publikationen zugleich „kreuzigen“ und banalisieren, sie gewissermaßen diskreditieren und ad absurdum führen. In fulminanter Weise war das im zweiten Saal der Kestner Gesellschaft der Fall. Dort sah man die kleinen Collagen in Overflow II und Overflow III als ironische…