Lektüren
Julia Gruner
Universal Azo Fizz – Eine Dekonstruktion
von Julia Katharina THIEMANN
Das großformatige Künstlerbuch Universal Azo Fizz – Eine Dekonstruktion der Kölner Künstlerin Julia Gruner (*1984) übersetzt ihre malerischen Experimente eindrücklich in Publikationsform. In formatfüllenden Abbildungen sowie gezoomten Detailbildern ist Gruners Arbeitsweise in vier Publikationsteilen mit jeweils unterschiedlichen Formatgrößen erkundbar. Während der Umschlag aus einem gefalteten Poster besteht und farbige Plastikverpackungen sowie rückseitig deren Inhalte als Farbklekse zeigt, ermöglichen die Werkliste und ein Index nicht nur die Zuordnung der in Gruners Arbeiten verwendeten Ingredienzien, sondern eröffnen dabei eigene Assoziationen.
Im Feld der erweiterten Malerei angesiedelt, arbeitet Julia Gruner mit ungewöhnlichen Farbstoff en und Substanzen, die sie miteinander reagieren lässt. So besteht Sweet Galaxy (2022) aus Mundspülung, rückenfreundlichem Gesundheitsbad, karibisch konnotierter Limonade, Sonnenmilch, Balsamico, entsteinten Kirschen, Steirischem Kürbiskernöl, Weizenmehl, Shampoo, Conditioner und Spirulina-Pulver – bereits die Auflistung der Materialien samt ihrer Inhaltsstoff e beflügelt die Fantasie. Im Index lässt sich sodann in farbiger Schrift auf Papier mit Farbverläufen Wissenswertes zu den Farbstoff en nachlesen, die beispielsweise in Lebensmitteln, Kosmetika, Industrie und Medikamenten Verwendung finden.
Organische Stoff e, wie z. B. Anthocyane (auch bekannt als E 163) als Pflanzenfarbstoff e mit roter, blauer oder violetter Färbung, werden inklusive ihrer Wirkung beschrieben. Aber auch industrielle Säurefarbstoff e tauchen auf, wie etwa Naphtholgrün B / Acid Green 1 (CI 10020), mit dem Wolle, Nylon, Seife oder Papier gefärbt wird, das jedoch in Deutschland nicht mehr in Haarfärbemitteln verwendet werden darf.
Beim Lesen kommen schnell Fragen auf, mit welchen färbenden Substanzen wir Umgang pflegen. Die Welt der uns…