Lektüren
Katerina Poladjan
Goldstrand
von Christina IRRGANG
„Man kann die Welt verändern durch Konstruktion, durch Bilder“, schreibt Felix, der nach dem Zweiten Weltkrieg in einem Architektur- und Stadtplanungsinstitut in Sofia arbeitet: In dem Brief an seinen Vater, mit dem er auf einem Schiff von Odessa nach Konstantinopel und weiter nach Warna reiste, entfaltet er Visionen vom Bauen und Leben. Wenig später errichtet er an der bulgarischen Schwarzmeerküste, wo sein Vater und er vormals vergeblich nach der Tochter und Schwester Vera suchten, einen Hotelkomplex aus rohem Beton und geraden Kanten – am Goldstrand. Diese Geschichte erzählt in Katerina Poladjans neuem Roman Goldstrand der Protagonist Elia Fontana, genannt Eli, der in den 1950er-Jahren auf einer Baustelle am Goldstrand gezeugt wurde. Regelmäßig berichtet der Filmemacher Eli einer schmalsilbigen Dottoressa von seiner Lebensgeschichte. Er wuchs in Rom auf, verliebte sich in eine deutsche Kunstgeschichtsstudentin, gründete eine Familie – und zerbrach im Gefüge von Realität und Bildwelt. Gerahmt werden Elis erzählte Fragmente von Momenten, die seinen Alltag in Rom skizzieren und die seine Gedankenräume surrealistisch fortführen. Zwischen Gewesenem, Gegenwärtigem und Vorgestelltem wird dabei deutlich, dass der Roman Goldstrand das Poröse von Erinnerungen und den Versuch des Wiederfindens verlorener (innerer) Bilder zum Gegenstand macht.
Katerina Poladjans Erzählstruktur ist szenisch, zuweilen fotografisch, rückt sie durch konkrete Bezüge wie auf die Deckengemälde in Berninis Sant’Andrea al Quirinale, auf Werke der italienischen Filmgeschichte oder durch Zitate von Marcel Duchamp, Ludwig Wittgenstein und Giorgio Moroder die visuelle Vorstellbarkeit in den Vordergrund ihres Romans. Entstanden ist er in Rom während eines Aufenthalts in der…