Lektüren
Thomas Schlesser
Monas Augen Eine Reise zu den schönsten Kunstwerken unserer Zeit
von Julia Katharina THIEMANN
Durch die Augen der zehnjährigen Mona erscheint vor dem inneren Auge der Leser*innen eine Auswahl bedeutendster Werke der Pariser Kunstmuseen, die zugleich die Kunstgeschichte nachzeichnen wie auch die Entwicklung des Kindes begleiten. An Jostein Gaarders Sophies Welt erinnernd, ist es hier der Großvater des Mädchens, der sie Woche für Woche zu einer intensiven Bildbetrachtung vor einem der Originale mitnimmt und dabei nicht nur viel Wissenswertes über das jeweilige Werk, die Künstler-*innen und ihre Epoche vermittelt, sondern auch unterschiedliche Perspektiven nonchalant einwebt.
Eingebettet ist das Setting in eine persönliche Geschichte der Verdrängung und infolge notwendige Trauma-Aufarbeitung einer Verlusterfahrung des Kindes, ausgelöst durch den selbstbestimmen und dadurch familiär tabuisierten Tod der Großmutter. Nachdem Mona für eine Stunde ihr Augenlicht verlor, wollen ihre erfolgsorientierten Eltern sie auf Anraten des behandelnden Arztes zu einem Kinderpsychiater schicken, was ihr Großvater jedoch geschickt umgeht, indem er seine eigene Therapieform entwickelt. Großvater Henry möchte die kleine Mona die Schönheit der Welt anhand der Kunst entdecken lassen, damit sie notfalls auf ihre Erinnerungen zurückgreifen kann, sollte sie tatsächlich ihr Augenlicht verlieren. So nimmt er Mona Woche für Woche erst in den Louvre mit, dann ins Musée D’Orsay und schließlich setzen sie ihre heimlichen Ausflüge im Centre Pompidou fort.
Mit ebenso großer Empathie und Fabulierlust wie auch Expertise spannt der Kunsthistoriker Thomas Schlesser (*1977), Professor an der École polytechnique in Paris, einen weiten Bogen von Sandro Boticelli über Leonardo da Vinci, Tizian, zu Rembrandt, Canaletto, Turner,…