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Ausstellungen: Basel · von Max Glauner · S. 233 - 234
Ausstellungen: Basel ,

Basel
Medardo Rosso

Die Erfindung der modernen Skulptur
Kunstmuseum 29.03.– 10.08.2025

von Max Glauner

Das Köpfchen rührt an: Nach links gedreht, zur Seite geneigt, die Augen geschlossen, leicht geöffnet der Mund. Sein Kinn beschreibt einen sanften Bogen zum rechten Ohr, den Betrachtenden zugewandt, zugereckt, als müssten sie oder ein Engel, dem Moribunden Worte des Trostes, der Heilung oder vom Tod einflüstern.

Das Köpfchen ist aus weissem Gips und mit 17,5 × 20 × 19,3 cm auf einem Holzgestell und zwei polierten Granitplatten fast lebensgross platziert. Das Kranke Kind, Enfant malade, 1908, des italienischen Modernisten Medardo Rosso, 1858 in Turin geboren, 1928 in Mailand verstorben, füllt atmosphärisch den gesamten Neubauerdgeschosssaal des Kunstmuseums Basel als Auftakt der Ausstellung Medardo Rosso. Der Erfindung der modernen Skulptur.

Freilich ist im unterkühlten Geviert noch viel mehr von dem Sonderling Rosso zu sehen, wie die überlängt nervös-gravitätische Büste des Mäzenen Henri Rouart, 1890, in zweifacher Ausführung in Bronze und Gips neben zwei duzend weiteren Arbeiten, darunter auch von Zeitgenossen wie Rodin oder Cezanne.

Aber weiterer Objekte des Eigensinnigen hätte es nicht bedurft, um seine Meisterschaft und den Deut des Künstlers in die Zukunft der Moderne bis in die Gegenwart verständlich zu machen. Die ein oder andere wird sich fragen, warum man diesem Ausnahmeartisten nicht schon früher prominent begegnet ist.

Dies hat sicher mit der – psychoanalytisch gesprochen – Dominanz einer „phallozentrischen“ Kunstgeschichtsschreibung und Theoriebildung zu tun, die bis heute ein teleologisches Narrativ mit den ewig gleichen Helden und einem durch und durch autonomen Kunstwerk pflegt. So wird bis heute Auguste Rodin als der…

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