Frankfurt am Main
Miryam Charles
Atlas for the Disappeared
basis e.V. 12.09.–14.12.2025
von Isa Bickmann
„Alle meine Filme drehen sich um Geister“, sagt Miryam Charles. Im Vodou ist der Tod eines Menschen nicht endgültig, und Vodou sei bei den Menschen mit haitianischen Wurzeln, ob katholisch oder evangelisch, zugleich Tabu als auch Teil ihrer Spiritualität. In Charles‘ preisgekröntem Langfilm Cette Maison, der seine Uraufführung auf der Berlinale 2022 erlebte, geht es um das Weiterleben nach dem Verlust eines geliebten Menschen, eine „poetische Geschichte der Liebe zwischen Mutter und Tochter“, wie die haitianisch-kanadische Filmemacherin ihr Werk beschreibt. Charles’ 14-jährige Cousine, die 2008 in deren Zuhause in den USA ermordet worden ist, wird im Film sowohl als junges Mädchen als auch als erwachsene Frau imaginiert. Nicht die Gewalttat steht im Mittelpunkt des Films, sondern der Verlust eines Menschen und seine Erinnerung an ihn, die man tatsächlich als eine die Gedanken der Trauernden beherrschende Anwesenheit eines Geistes verstehen könnte. Diesen „Raum für harmlose, umherwandernde Seelen“ kann das Kino bieten, Schauspieler*innen übernehmen die Rollen der Toten in einem „reparierenden Imaginieren“, wie es Karina Griffith in ihrem Textbeitrag zur Frankfurter Ausstellung der Filmemacherin treffend formuliert.
Für ihre erste Solo-Schau hat Charles den Langfilm auf acht Minuten komprimiert und weitere drei Werke neu bearbeitet. Cette Maison ist auf einem frei im Raum hängenden doppelseitigen Screen zu sehen. Der Parcours endet mit Tous les jours de mai, der mit dem ersten Film verknüpft ist. Hier spricht die Mutter in französischer Sprache über ihre Gefühle nach dem Tod der Tochter, vom Nichtschlafenkönnen, den…