Mailand
NADA – Thierry de Cordier
Fondazione Prada 03.04.–29.09.2025
von Julia Stellmann
Im Dämmerlicht wohnen Gemälde, die nicht sprechen, nicht mal flüstern, sondern schweigend schwingen. Sie haben nicht auf uns gewartet, sind einfach da, lassen uns in einen unbekannten Abgrund horchen. Dort, wo das sterile, kalte Nichts sein sollte, ist es warm und atmosphärisch dicht. Licht fällt in die hohen Hallen des Cisterna-Gebäudes. Es sickert bis zum Grund, fängt sich zuvor in Schlieren, Unebenheiten, Verwehungen, hebt sie aus dem vermeintlich monochromen Undunkel. Solche, die nur kurz verweilen wie tanzende Mouches volantes vor der Iris oder Atem auf beschlagener Glasscheibe. Die Stille ist so dicht, dass Unsagbares hörbar scheint. Sie dehnt sich aus, bis sie uns vollständig umschließt, uns bannt im Moment höchster Aufmerksamkeit. Was ist in die Mailänder Fondazione Prada eingezogen? Eine Präsenz, die sich nur in Tiefe messen lässt. Wie wollen wir sie nennen? Stille, Dunkelheit, Nichts – NADA.
Die Soloschau NADA des belgischen Malers Thierry De Cordier (geb. 1954, Ronse) öffnet sich gleich einem Triptychon im dreiteiligen Cisterna-Gebäude. Natürliches Licht fällt durch die Oberlichter in die postindustrielle Architektur, in welcher zehn Gemälde auf drei blaugraue Monolithen verteilt sind. Großformatige Gemälde bespielen die langen Seiten. Die kleineren Malereien rufen dagegen in den seitlichen Nischen zur Andacht. Sie alle sind Teil einer zwischen 1999 und 2015 entstandenen Serie, die ihren Anfang in dem Ansinnen nahm, das ikonische christliche Bild des Kruzifixes zu negieren. De Cordier übermalte ein barockes Kreuz mit Teer, zerstörte das Gemälde später. Über die Dauer der Zeit entwickelte sich das…