Wien
On a Tongue’s Tip, at a world’s Lip
Kunstraum Niederösterreich 03.09.–08.11.2025
von Ursula Maria Probst
Ist ihnen das auch schon mal passiert? Sie befinden sich mitten in einem Gespräch oder in einer Diskussion und plötzlich bleiben ihnen im Kopf bereits klar ausformulierte Sätze auf der Zunge liegen oder im Hals stecken und sie verhaspeln sich, suchen nach Worten, fühlen sich angespannt. Ja da heißt es mal tief durchatmen. Die südkoreanische Schriftstellerin und Nobelpreisträgerin Han Kang fand dafür eine wunderbare poetische Sprache: „Meine Lieder zittern wie Insektenflügel, eine flatternde Vibration. Ich öffne die bereits wieder getrockneten Lippen. Ich atme durchgängig und tief ein, dann lasse ich die Luft ausströmen“. Die Kurator*innen der Ausstellung On a tongue’s tip, at a world’s lip zu deutsch „Auf der Zungenspitze, am Rande der Welt“ Tjaša Pogačar und Frederike Sperling lassen bereits in ihren einleitenden Worten keinen Zweifel darüber, dass gerade in diesem Zustand der Unterbrechung, des Zögerns, der Lücke enormes Potential liegt, um die Aufmerksamkeit auf – wie sie es nennen – Spalten der Sprache, auf die Schwellenbereiche zu lenken. Was wäre, wenn wir in einem Zustand des Zögerns verweilen würden? Was, wenn wir Flüstern und Rascheln, den Atemzügen und Schmatzern lauschten, die diesen Spalten der Sprache innewohnen? Ambiente-artig ist bereits das Display der Ausstellung als ein Interregnum zwischen Welten gestaltet und lässt einzelne Installationen durch eine sphärische Lichtregie ineinandergleiten. Konzipiert als polyrhythmischer Chor wird großzügig ein Freiraum geschaffen für Bewegungen und Erfahrungen in den Grenzbereichen von Sprache und Kommunikation. Jede*r ist bei freiem Eintritt willkommen,…