Paris, Zentrum der Kunst, aber für wen?
Ein Gespräch mit Catherine MILLET von Heinz-Norbert JOCKS
Catherine Millet, 1948 in Bois-Colombes geboren, ist als Kunstkritikerin, Ausstellungsmacherin und Schriftstellerin eine Persönlichkeit der zeitgenössischen Kunst in Paris. Der „breiten Öffentlichkeit“ wurde sie durch ihr Buch La Vie sexuelle de Catherine M. bekannt. 1968 trat sie in die von Louis Aragon geleitete kulturelle Wochenzeitschrift Lettres françaises ein. Seitdem veröffentlichte sie in zahlreichen Kunstzeitschriften nicht nur in Frankreich, wie Opus international, Connaissance des arts oder Flash Art. Zudem an der Gründung der von der Galerie Maeght herausgegebenen Zeitschrift l’Art vivant beteiligt, bemühte sie sich gleichzeitig, zeitgenössische französische Künstler*innen (insbesondere die Gruppe Supports / Surfaces) zu fördern und die ausländischen Avantgarden, Minimal- und Concept Art. In Frankreich bekannt zu machen. 1972 gründete sie zusammen mit Daniel Templon und dem Sammler Hubert Goldet die Zeitschrift Art Press, deren Redaktionsleitung sie bis heute zusammen mit Jean-Pierre de Kerraoul ausübt. Die Zeitschrift, die bei ihrer Gründung der Bewegung Tel Quel nahestand, blieb dem Denken der ihrer Theoretiker*innen wie Philippe Sollers, Roland Barthes und Jacques Lacan treu. 1971 und 1977 war sie Kuratorin der Pariser Biennale und 1981 der großen internationalen Ausstellung Baroques 81 für das Musée d’Art Moderne in Paris, eine der ersten Manifestationen einer zeitgenössischen, als Postmoderne bezeichneten Kunst. 1995 wählte sie als Kuratorin des französischen Pavillons auf der Biennale von Venedig César aus, der dafür ein monumentales Werk schuf. Im Jahr zuvor war sie an der Gründung der ADIAF, der Association pour la diffusion internationale de l’art français,…