Schöne neue Kunstwelt
art meets social media
herausgegeben von Annekathrin KOHOUT und Wolfgang ULLRICH
Es erscheint kunstsoziologisch angebracht, in Followern einen neuen Typus von Kunstpublikum zu sehen, der nicht nur von Sammler*innen, sondern genauso von Kunstrezipient*innen zu unterscheiden ist. – Annekathrin KOHOUT und Wolfgang ULLRICH
Kunst, die Klicks generiert. Karrieren, die von Followerzahlen abhängen. Kritiker*innen, die lieber Memes teilen als Thesen. Direktor*innen, die politische Aussagen scheuen, um Shitstorms zu vermeiden. Willkommen in der schönen neuen Kunstwelt!
Die Sozialen Medien haben den Kunstbetrieb auf den Kopf gestellt. Sie fordern herrschende Werkbegriffe heraus und dringen tief in die Infrastrukturen eines Feldes ein, in dem es neben der Kunst immer auch um das Who is Who ging. Neue Formen der Partizipation und Demokratisierung stellen traditionelle Gatekeeper infrage. Die Grenze zwischen künstlerischer Praxis und Personal Branding verschwimmt. Influencer-Logiken durchdringen Schaffensprozesse, Galerien und Museen. Kunst wird populär.
Könnte es gar zu einem „Ende der Kunst infolge ihres zu großen Erfolgs in den Sozialen Medien“ kommen, wie Wolfgang Ullrich spekuliert? [S. 70] Wer dort präsent sein will, muss sich den intransparenten, willkürlichen Regeln privater Konzerne fügen – ein Verlust an Autonomie, der nicht nur die Formate verändert, sondern auch, wie man Kunst begegnet: Sie wird in andere Kontexte integriert und umgedeutet. Ullrich warnt davor, digitale Räume als demokratische Orte zu verklären: Sie haben autoritäre Strukturen, in denen Aufmerksamkeit für Kunst zwar hergestellt, aber nie gesichert werden kann.
Annekathrin Kohout beschreibt [S. 73], wie die Rezeption von Kunst statt auf kontemplativer Distanz auf performativer Interaktion basiert:…