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Ausstellungen: Winterthur · von Max Glauner · S. 266 - 267
Ausstellungen: Winterthur ,

Winterthur
Virginia Overton

Material Girl
Kunstmuseum | Beim Stadthaus 05.09.–09.11.2025

von Max Glauner

Wir kennen Skulpturen, die ihre Berechtigung, ihre Energie und Bedeutsamkeit nahezu ausschließlich durch den Kontext erfahren. Duchamps Ready- Made Fontain (1917) hat damit bekanntlich den Anfang gemacht. Auch wenn seine Form von der Wand auf einen Sockel gestellt, einen hohen ästhetischen Reiz besitzt, die Signatur des Künstlers signalisiert, es handele sich hier um ein Objekt von künstlerischem Wert, ist es doch seine Präsentation im Kontext Museum, die die Aufmerksamkeitsökonomie des Publikums triggert, nicht seine vollendete Form im Raum. Gerade vollendete Form will Duchamps Exempel, auch wenn sie es ironisch behauptet, nicht sein.

Diese Einsicht riss einen ungeheuren Raum künstlerischer Möglichkeiten auf. Ausschreiten und bestellen konnten dieses Feld allerdings erst die post-faschistischen Kohorten Künstlerinnen und Künstler ab den frühen 1960er-Jahren. Dieser konzeptuelle Minimalismus bildet in der Nachfolge einer langen Reihe von Künstlerinnen von Louise Bourgeois, Phyllida Barlow und Mona Hatoum bis hin zu Cady Nolan und Klara Lidén bis heute einen nicht wegzudenkenden Strang der Kunstgeschichte.

Die 1971 in der Elvis-Presley-Stadt Nashville, Tennessee, geborene Künstlerin Virginia Overton versteht sich wie kaum eine andere ihrer Generation auf diese Form. Sie hat sich die re-kontextualisierenden Appropriation auf faszinierend-monströse Weise zu eigen gemacht. Sie betreibt diese mit Verve und Humor an Ausgedientem, vorzugsweise an Resten der Schwerindustrie wie Stahl, Industriebleche oder Bauholz. Ihre Handschrift und Signatur ist die Schweißnaht.

Die umfangreiche Ausstellung Material Girl im Kunstmuseum Winterthur, das seine beindruckende Sammlung U.S.-amerikanischer Moderne für die Gegenwart anschlussfähig machen will, gibt Einblick in die Werkstatt einer Künstlerin, die…



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