Documenta: "Kuratorenfreundlicher Trainerwechsel"

26. Juli 2022 · Kulturpolitik

Der KSV Hessen Kassel trägt seine Heimspiele im Auestadion aus, und dort fand auch die Pressekonferenz zur documenta 15 statt. Dass der neue Documenta-Geschäftsführer Alexander Farenholtz in einem Interview seine Situation nun sinnigerweise mit der eines Trainerwechsels im Fußballgeschäft verglich, veranlasste Stefan Trinks in der FAZ zu einem galligen Kommentar: „Eine gute Woche nach dem Abgang der notorisch unverantwortlichen Generaldirektorin Schormann kommen schon wieder markige Worte der Unzuständigkeit aus Kassel“. Farenholtz hatte angekündigt, es werde keine Überprüfung der noch verbliebenen Kunstwerke geben, was der FAZ-Kommentator so interpretiert: „Man könnte die sehr kuratorenfreundlichen Bemerkungen nun als das beruhigende Streicheln der tunlichst nicht zu verärgernden Ronaldos und Beckhams durch einen erfahrenen Verwaltungsbeamten verstehen… Es ist im Sport ja nie nur der Trainer allein, und das trifft auf die sehr politische Documenta-15-Kunst in besonderem Maße zu, die stark von ihren unübersehbar vielen Kuratoren bestimmt wurde“. Es ginge bei der d 15 letztlich nicht nur um das abgebaute Banner von Taring Padi, sondern ebenso um „inzwischen abgebaute Filme der antisemitischen RAF Japans und die Serie ‘Guernica Gaza“. Womit die Diskussion über die Grenzen der Kunst-und Meinungsfreiheit weiter geht. Mögliche künstlerische Sympathiebekundungen zur deutschen RAF wären aber auch auf der Documenta 1977, im Jahr des „deutschen Herbstes“, undenkbar gewesen. Um bei der Farenholtzschen Fußball-Metapher zu bleiben: Der KSV Hessen Kassel ist Nachfolger von zwei Vereinen, die beide in Konkurs gegangen waren; er spielt heute in der Regionalliga Südwest und belegte dort in der vergangenen Saison immerhin einen respektablen siebten Platz. Es ist zu hoffen, dass die Geschichte der documenta einen anderen Verlauf nimmt als die der beiden Vorläufervereine. Denn sonst tritt sehr rasch das ein, was der Kulturjournalist Ingo Arend prophezeit, nämlich ein „Reputationsverlust“ der Künstlerinnen und Künstler, „die da weiter ausstellen“, zitierte ihn „Deutschlandfunk Kultur“. Ihnen gegenüber habe die d-15-Leitung eine „Fürsorgepflicht“, und das gilt nun sicherlich auch für den neuen Trainer Farenholtz.

Dazu in Band 283 erschienen:


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