FIAC 2021 - In empfindlichem Gleichgewicht

22. Oktober 2021 · Messen & Märkte

Gerade ist die Frieze in London zu Ende, da beginnt die FIAC (Foire Internationale d’Art Contemporain) in Paris: Das Messe-Karussell scheint sich wieder zu drehen wie vor der Corona-Pandemie. Und doch ist alles anders: Neben der Terror-Kontrolle nun auch der Gesundheitspass, und hinter den Masken ist das Erkennen und Wieder-Erkennen manchmal schwierig. Dennoch: das Vernissage-Publikum der FIAC schien so euphorisch wie 2019 – nachdem 2020 alles gecancelt worden war – und manch Galerist, der gerade die Frieze absolviert hatte, erschöpft.
In Paris findet der Kunstmarkt zum ersten Mal in einem Gebäude-Provisorium statt, im „Grand Palais Éphémère“(GPE). Der steht, für ein „vergängliches“ Palais recht aufwändig gestaltet, zwischen dem Gebäudekomplex der École Militaire aus dem 18. Jahrhundert und dem Eiffelturm, der Ikone des 19. Jahrhunderts, Natürlich kann der GPE nicht mit dem historischen Original nahe der Champs Élysées konkurrieren, dessen Lichteinfall aus der hohen Kuppel mehr Raum zum Atmen suggeriert als die  funktionalen Hallen bieten können. Die werden aber gewiss bis zum Abschluss der Renovierungsarbeiten am Grand Palais ein redlicher Ersatz sein – auch wenn die Ausstellungsfläche etwa ein Drittel kleiner ist und die Zahl der Aussteller um etwa 15 Prozent reduziert werden musste – auf 171.
Der Anteil von Galerien aus Deutschland ist beachtlich: Karsten Greve und Daniel Buchholz, Konrad Fischer und Esther Schipper, Bärbel Grässlin und  Max Hetzler, neugerriemschneider,  Capitain-Petzel, Nagel-Draxler – um nur einige zu nennen.  US-Stars wie Marian Goodman, Gagosian, David Zwirner – die alle Dependancen in Paris oder London haben – sind gekommen. Und Paula Cooper (mit einer wunderbaren kleinen Skizzenfolge zu einem „Giant balloon“ mit einem „Giant Ice Bag“, 1969, von Claes Oldenburg). Auch die Londoner Galeristen David Juda, Jay Joplings White Cube, Simon Lee (mit einem hinreissenden kleinen Bild von Hans Hartung) sind dabei.
Die Standabfolge erscheint weniger konventionell, Zentrum und Peripherie leicht verschoben – was dem Ablauf mehr Spannung verleiht. Insgesamt kann man den Eindruck gewinnen, als würden die Galeristinnen und Galeristen noch ein wenig den Atem anhalten und das Beste im Depot lassen. Keine Experimente; Sicherheit ist das Gebot der Stunde. Ob der relative Optimismus sich auszahlt, wird sich erst nach Schluss der Veranstaltung am Sonntag zeigen. Zur Vernissage kamen kaum Sammler aus den USA und Asien, mit denen früher die größten Geschäfte abgewickelt wurden. Auf dem Versuchsfeld der Art Basel im September wurde das bereits beklagt.
Vielleicht trifft eine fragile Arbeit des in Brasilien lebenden Katalanen Daniel Steegmann Mangrané, die bei Esther Schipper zu sehen ist, die Atmosphäre der FIAC 2021 am besten: Ein kleiner gespaltener Zweig ist zwischen dünnen Schnüren eingesperrt, die vom Boden bis zur Decke reichen.  Die Natur wird von der schen-gemachten Struktur im Schwebezustand gehalten – in empfindlichem Gleichgewicht. (AHa)  FIAC (GRAND PALAIS ÉPHÉMÈRE, 21.-24. Oktober 2021; FIAC ONLINE VIEWING ROOMS, 2.1-25. Oktober 2021

https://www.fiac.com/fr-fr.html

Dazu in Band 224 erschienen:


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