Kunstvandalismus in Biesenthal und anderswo

29. Juli 2022 · Kulturpolitik

Seit 20 Jahren wird in der Nähe von Berlin in den Sommerwochen die Art Biesenthal ausgerichtet. Austragungsorte sind die rekonstruierte Wehrmühle und der historische Garten. Doch in diesem Jahr stand die Ausstellung im idyllischen Biesenthal unter keinem guten Stern: ein Kunstvandale machte sich kürzlich über die aufblasbaren „Bycatch“-Skulpturen von Daniel Hölzl und Abie Franklin her und schlitzte acht von ihnen mit einem scharfen Gegenstand auf. Der Sachschaden beträgt rund 50.000 Euro. Es gäbe einen Verdacht, aber keine Beweise, berichtete die „Berliner Zeitung“. Ist der Verantwortliche ein erboster Anwohner, der moderne Kunst hasst oder dem der Eintritt von 20 Euro zu teuer ist? (Für die Biesenthaler Bevölkerung ist der Eintritt allerdings frei). Derlei Vandalismus macht leider immer wieder Schlagzeilen: im Museum der dänischen Stadt Silkeborg überklebte und bekritzelte kürzlich die Performance-Künstlerin Ibi-Pippi Orup Hedegaard ein Bild von Asger Jorn (1914-1973), signierte es dann sogar mit ihrem Namen und rechtfertigte dies mit der Behauptung, das sei Kunst. Nein, ist es nicht, sondern strafrechtlich Sachbeschädigung und urheberrechtlich ein Verstoß gegen das „Entstellungsverbot“. Asger Jorn hatte zwar selber „Gemälde anderer Leute“ übermalt, z.B. Bilder vom Flohmarkt, doch das sei etwas anderes, erklärt Jørn Erslev Andersen von der Universität Aarhus: „Es gibt einen großen Unterschied zu dem, was Jorn getan hat. Er kaufte das Bild und malte es an. Er besaß es.“ Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, hat schon vor zwei Jahren eine „neue Bedrohungslage“ für museales Kulturgut erkannt, als durch Anschläge mit öliger Flüssigkeit 70 Objekte auf der Berliner Museumsinsel beschädigt wurden. „Offenbar hätten viele Menschen keinen Respekt mehr vor einem Weltkulturerbe. Das Bewusstsein sei verloren gegangen, welchen Wert kulturelles Erbe, Kulturschätze, Museumssammlungen wirklich hätten“, zitierte „Die ZEIT“ Parzinger. Für viele ist anscheinend heutzutage das Museum kein bildungsbürgerlicher Musentempel mehr, sondern eher das Gegenteil: So habe laut „ZEITLONLINE“ der „Verschwörungsideologe Attila Hildmann“ bizarrerweise verbreitet, das Pergamon-Museum sei das „Zentrum der globalen Satanistenszene und der Corona-Verbrecher“, denn in diesem Museum befände sich der „Thron des Satans“, weshalb dort im Museum „nachts“ Menschenopfer zelebriert und Kinder geschändet würden. Die nicht minder bizarre Performance-Attacke im Museum von Silkeborg hielt der „nicht weniger umstrittene Künstler Uwe Max Jensen“ per Videoaufnahme fest. Über Jensen weiß die „Süddeutsche Zeitung“ zu berichten, er sei „in der Vergangenheit vor allem auf durch öffentliches Urinieren auf diverse Gegenstände“ aufgefallen und habe 2019 in Dänemark für eine rechtsextreme Partei kandidiert. In Biesenthal wurde in Zuschriften an die „Berliner Zeitung“ über die möglichen Motive des Vandalen spekuliert: „Eine Leserin mutmaßt, die vielen Besucher aus der Stadt mit ihren Autos würden Leuten im Ort wohl auf den Nerv gehen und da hätte einer seine Wut abgelassen. Ein weiterer Leser nimmt an, jemand habe etwas gegen einen israelischen Künstler“.

Dazu in Band 201 erschienen:


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