Nach dem Abbau in Kassel: Diskussion um Konsequenzen

22. Juni 2022 · Kulturpolitik

Nach dem Abbau der höchst umstrittenen Banner-Installation „People’s Justice“ (2002) des Kollektivs Taring Padi auf dem Kasseler Friedrichsplatz gab Documenta-Geschäftsführerin Sabine Schormann nun ein Statement: die d 15- Leitung habe „versichert, dass auf der documenta fifteen keine antisemitischen Inhalte zu sehen sein werden – andernfalls würden wir umgehend einschreiten. Dieses Versprechen haben wir leider nicht gehalten. Das hätte nicht passieren dürfen“. Marketing-Spezialisten würden den Vorfall als „negativen Image-Transfer“ beschreiben: scheint es so, als ginge es nämlich jetzt nicht mehr und nicht nur um die antisemitische Ikonografie eines einzelnen Werks, sondern als könnte der Ruf der Documenta insgesamt nachhaltig beschädigt werden. „Das Problem reicht… nach wie vor tiefer, es berührt das Projekt documenta insgesamt – und offenbart, dass die documenta vom eigenen Anspruch überlastet ist“, schreibt z.B. Daniel Hornuff auf „Zeitonline“. Zwar erklärte Sabine Schormann in ihrem Statement: “Antisemitische Darstellungen dürfen in Deutschland, auch in einer weltweit ausgerichteten Kunstausstellung keinen Platz haben. Dies gilt ausdrücklich auch bei allem Verständnis für die Belange des Globalen Südens und die dort verwendete Bildsprache. Mit Respekt für die Unterschiedlichkeit der kulturellen Erfahrungsräume wird der mit der documenta fifteen begonnene Dialog weitergeführt.” Ins verbale Feuer der Feuilletonisten geriet sie aber trotz dieser Klarstellung dennoch. „Als geradezu kläglich kann man die Erklärung ansehen, die Documenta-Generaldirektorin Sabine Schormann abgegeben hat: ‘Die Geschäftsführung der documenta ist keine Instanz, die sich die künstlerischen Exponate vorab zur Prüfung vorlegen lassen kann und darf das auch nicht sein’…“ mokiert sich Harry Nutt in der „Berliner Zeitung“. „Soll das, in Klartext übersetzt, heißen, man habe nichts damit zu tun? Argloser ist ein Verhalten zum eigenen Managementversagen kaum vorstellbar.“ Rufe nach einem Rücktritt Schormanns „werden laut“, meldete der Deutschlandfunk. So habe bereits der Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen ihr den Rücktritt nahe gelegt. Angela Dorn, hessische Ministerin für Wissenschaft und Kunst, will „die Strukturen der Kunstausstellung überprüfen“ und bekundete gegenüber „hr-iNFO“, weil in diesem Jahr Kollektive eingeladen worden seien, habe es „keinen verantwortlichen Kurator gegeben“. Das sei „ein Teil des Problems“. Christoph Heubner, der Exekutiv-Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees, signalisiert unterdessen Dialogbereitschaft: „Es wird höchste Zeit, im Rahmen dieser documenta ein Gespräch zu beginnen, die Künstler zu hören, aus welcher Weltsicht diese Bilder so entstanden sind und seitens der documenta öffentlich zu erklären, warum diese Bilder hier auf Widerstand und Ablehnung stoßen“, zitiert ihn der Berliner „Tagesspiegel“. Das Statement von Sabine Schormann ist nachzulesen auf: https://documenta-fifteen.de/news/statement-von-dr-sabine-schormann-zur-deinstallation-des-banners-peoples-justice-von-taring-padi/


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