Performance und Geheimdienst

17. Oktober 2019 · Preview

„Artist & Agents – Performancekunst und Geheimdienste“ lautet der Titel der aktuellen Ausstellung des Medienkunstvereins HMKV im Dortmunder U ( 26. Okt. 2019 – 22. März 2020). Anlässlich des 30. Jahrestags des Mauerfalls beleuchtet die Ausstellung die Interaktion zwischen Geheimdiensten und Performancekunst vor 1989. Der Autor dieser Zeilen bekam das selber 1988 hautnah mit: als ich im Kölner „Polorbis“-Reisebüro das Visum für eine Reise zu einem Performancefestival in Poznan und Warschau abholte, informierte man mich unverblümt: „Passen Sie gut auf, was Sie dort machen. Als westdeutscher Künstler und Journalist werden Sie dort in Polen nämlich nachrichtendienstlich überwacht“. Inke Arns (HMKV), Kata Krasznahorkai und Sylvia Sasse (beide Universität Zürich) kuratieren diese Ausstellung, deren Konzeption auf umfangreichen Recherchen in den Archiven der Nachrichtendienste im einstigen Ostblock beruht. Feldagenten (aktive Spione) und Perspektivagenten („Schläfer“, die von ihren Führungsoffizieren erst später aktiviert werden) und die in den 1970er und 1980er Jahren in der DDR, in Polen und anderswo in Osteuropa in die Kunstszenen eingeschleust wurden, mussten selber künstlerisch tätig sein und performen, um ihre Tarnlegende aufrecht zu erhalten. „Artists & Agents präsentiert anhand z. T. noch nie gezeigter Materialien zahlreiche Beispiele künstlerischer Subversion sowie bislang unbekannte Fälle geheimdienstlicher Unterwanderung der Kunstszene…“ Performances waren den Sicherheitsorganen in jeden totalitär regierten Ländern insofern suspekt, als bei den Auftritten nichts materiell Fassbares produziert wird, was man beschlagnahmen könnte: eine Performance kann ja theoretisch überall stattfinden, auch spontan und unangekündigt. Dazu sagen die Kuratorinnen: „Wer sich… die Geheimpolizei als bürokratische Maschinerie vorstellt, übersieht ihr ‚Theater‘ – eine aufwändige Inszenierung zur Produktion innerer Feinde. Das trifft natürlich nicht nur auf Osteuropa und auf ,damals‘ zu, sondern das sind Strategien, die auch heute wieder Konjunktur haben.“ Künstlerische Beiträge in der Ausstellung stammen von Alexandru Antik, Tina Bara & Alba D’Urbano, Kurt Buchwald, Károly Elekes / Árpád Nagy / Gruppe MAMÜ, György Galántai / Artpool, Ion Grigorescu, Sanja Iveković, Voluspa Jarpa, Jens Klein, Daniel Knorr, Csilla Könczei, Korpys/Löffler, Jiří Kovanda, Jill Magid, Simon Menner, Arwed Messmer, Clara Mosch, Orange Alternative, Peng! Collective, Józef Robakowski, Cornelia Schleime, Nedko Solakov, Gabriele Stötzer, Tamás St.Turba / Gábor Altorjay. http://www.hmkv.de

Dazu in Band 201 erschienen:


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