René Magritte in Antwerpen

18. November 2025 · Ausstellung

Bis Ende Februar zeigt das KMSKA in Antwerpen eine großartige Retrospektive des belgischen Surrealisten René Magritte – inklusiv einer kaum bekannten Rede, die er 1938 hielt

René Magritte gehört zu den bekanntesten Surrealisten des 20. Jahrhunderts. Anders als manche seiner Kollegen trat er kaum öffentlich auf. Nur drei Reden sind überliefert, die wichtigste davon hielt Magritte 1938 im KMSKA (Königliches Museum Schöner Künste) in Antwerpen. Jetzt kann man diese Rede in der großartigen Magritte-Retrospektive im KMSKA hören – dank KI wurde der mündliche Vortrag mithilfe historischer Tonaufnahmen des Künstlers rekonstruiert – und der Entwicklung seiner einzigartigen künstlerischen Sprache anhand von 112 Originalbildern folgen.

Die Rede beginnt der Maler mit einer Kurzbeschreibung des desaströsen Weltzustands seiner Zeit. Im Surrealismus sieht er eine Strategie, die Absurdität der politischen Spannungen auszudrücken. „Surrealism claims for waking life a freedom similar to the freedom we have when we dream“, fasst er das Potential der Kunst zusammen – um uns dann schrittweise in seine Bildsprache zu führen. Zentral dafür ist die Ablehnung einer traditionellen Gegenständlichkeit. Stattdessen experimentiert er mit ganz normalen Objekten, die er in eine neue Ordnung überführt: “I found the cracks we see in our houses and on our faces more eloquent in the sky; turned wooden table legs lost their innocence if they suddenly appeared to dominate a forest; a woman’s body floating above a city was a fair exchange for the angels which have never appeared to me.” Er suchte gezielt den „disturbing poetic effect“: sein Himmel ist aus Holz, Objekt erhalten andere Namen, Innen und Außen werden vertauscht.

Mit diesen Werken wurde Magritte berühmt. Die Retrospektive belässt es aber dabei nicht, sondern zeigt auch weithin unbekannte Bilder aus seiner „Renoir Phase“, in der er mit hellen Farben auf die düstere Kriegszeit reagierte. Die bisweilen drastisch kitschigen Bilder mit der wilden Strichführung stießen damals auf wenig Begeisterung und wurden nur selten gezeigt. Nur drei Monate währte seine anschließende „Vache Phase“ – eine herrlich freie, wilde Malerei, die ihn glücklich gemacht habe, erzählt Kurator Xavier Canonne. Allerdings waren Galeristen bis Sammler entsetzt über diese gänzlich unerwartete Stiländerung. So kehrte er zurück zu der gewohnten plakativen Malerei. Wenige Monate vor seinem Tod am 15. August 1967 beginnt er ein neues Experiment: Erstmals übersetzt er seine Bildmotive in Skulpturen. Acht Entwürfe stellte er fertig, den finalen Bronzeguss erlebte er nicht mehr. Mit der Chaise Longue, auf der sich ein Sarg räkelt, endet diese grandiose Retrospektive. (Sabine B. Vogel)

 

René Magritte, La ligne de vie, KMSKA, Antwerpen, 15.11.2025-22.2.2026

Dazu in Band 129 erschienen:


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