Stillhaltezeit
Streifzüge durch die Länderpavillons sowie Gedanken über die Institution Biennale, über »Aperto« und die Sonderausstellung
»Identität und Alterität«
Günter Metken im Gespräch mit Paolo Bianchi
Die 46. Biennale von Venedig feiert ihren 100. Geburtstag: Aufbrüche oder gar Ausbrüche aus der Hegemonie der modernen Kunst sind nicht auszumachen. Wer Neues und Innovatives sucht, wird enttäuscht. Abgesehen vom Auftrumpfen der Neuen Medien weht der Geist der sechziger Jahre durch die Giardini. Die Orte, an denen es nach “frischer Wäsche” riecht, sind wenige. Die Biennale bleibt hängen in den Fäden der Moderne.
Im Gespräch zwischen dem Doyen der deutschen Kunstpublizistik, dem in Paris lebenden Günter Metken, 67, der nicht unwesentlichen Einfluss auf die grosse, in Venedig anlässlich des Biennale-Jubiläums präsentierte Gedenkausstellung “Identität und Alterität” hatte, und dem jungen Italo-Schweizer Kunstkritiker Paolo Bianchi, 34, bekannt geworden durch eigenwillige KUNSTFORUM-Hefte, wird eine “Stillhaltezeit” der Kunst diagnostiziert. Zu Hause angekommen, fragen sich die beiden: Welches ist der bleibende Eindruck vom venezianischen Kunstmarathon? Leichtfüssige und pointierte Streifzüge durch die Länderpavillons hinterfragen die Ideen der Künstler und die Zeichen der Werke. Was hat gefallen, wer hat versagt? Und vor allem: Warum?
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P. B.: Wie hat es Ihnen in Venedig gefallen?
G. M.: Das Ensemble zum hundertjährigen Bestehen der Biennale mit der historischen Ausstellung “Identität und Alterität” einerseits und den Länderpavillons mit der heutigen Kunstproduktion andererseits hat mir als Ganzes gut gefallen. Aber ich muss dann natürlich die Einschränkung machen, dass die zeitgenössische Kunst diesmal wesentlich weniger überzeugend wirkte als die Gedenkausstellung.
Sie sind heimgekehrt nach Paris und dem Kunstmeer der Lagunenstadt entflohen. Welcher prägende…