Jürgen Morschel
Äußerungen einer sperrigen Intelligenz
Zu neueren Arbeiten von Dieter Krieg
“Krieg hat die expressionistischen Anklänge in seinen Arbeiten von Etappe zu Etappe reduziert. Er hat sie ersetzt durch ganz banale Form-Findungen. Nicht mehr menschliche Figurationen siedeln derweil auf seinen Bild-Plänen, sondern Hosen, einschlägige Apparate aus der medizinischen Welt (früher) und Badewannen (jetzt)”, schrieb Klaus Honnef 1971 in einem Aufsatz über Dieter Krieg.1) Den “Wannen”-Bildern schlössen sich die “Gestänge” und “Kasten”-Bilder an – Arbeiten, die Peter Sager in seinem Realismus-Buch dann als “den intelligentesten, zugleich sperrigsten Beitrag zu einem Realismus der Reduktion” bezeichnete.2) In den neusten Bildern taucht nun überraschend das wieder auf, was zuvor Schritt für Schritt ausgetrieben war: Expressivität und die menschliche Figur. Das heißt dennoch nicht, daß da ein Maler zu seinen Anfängen zurückgekehrt ist: Form und Bedeutung der Expressivität wie der menschlichen Figur haben sich grundsätzlich gewandelt; und zugleich scheint sich – nicht minder bedeutsam – zu erweisen, daß Kriegs Arbeiten stets auch aus einer kritischen Distanz zu jeweiligen Phänomenen zeitgenössischer Kunst entstehen und eine spezifische Aktualität gewinnen in der Verwirklichung gerade solcher Qualitäten, die von einer sich verselbständigenden Logik der Bild- und Kunstentwicklung jeweils ausgesondert werden. Damit die Arbeiten in diesem Sinn einer Korrektur verstanden werden können, müssen sie allerdings notwendig auf dem Niveau jener Kunst stehen, mit der sie zugleich kontrastieren; müssen sie sich einerseits als ihr zugehörig, auf sie beziehbar, andererseits aber als ihr keineswegs konform erweisen. Diese Voraussetzung erscheint denn auch immer wieder erfüllt, so daß jene “sperrige Intelligenz” als ein Grundzug des…