Anweisung aus Berlin –
Nach allen Regeln der Kunstszene
Die sommerliche Ausstellungsszenerie im Vorfeld der IBA-Aktivitäten fand nicht nur im Saale statt. 7.u dem im Senatsauftrag zum touristemvirksamen Kulturspektakel “Sommernachtstraum” ausstaffierten sogenannten Sommerloch ließ der Gesamtkunstwerker Andre Heller sein schon in Portugal in Szene gesetztes Feuerwerkstheater abbrennen. Als Kulisse diente ihm der ehemalige Deutsche Reichstag. Was dem populären Kunstexzentriker Heller gewähr! wurde – das geschichtsmächtige nationale Bauwerk als Folie für sein pyromanisch-quadrofonisches Poesiealbum zu nutzen – muß ein anderer Künstler, der Verpackungsexperte Christo, lediglich im Projektstadium belassen. Seine schon seit etlichen Jahren geplante Verpackung des Reichstags wäre ein gänzlich anderer Umgang mit dem kalt gestellten Monument deutscher Einheit am Schnittpunkt der Ost-West-Teilung. Doch noch ist von höchster politischer Ebene kein positiver Bescheid ergangen. Während Christo in der Nationalgalerie im Juli/August seine “Surrounded Islands” ausstellte, eine fotografische Rekonstruktion seiner letzten Aktion (1983), die Einfassung mehrerer kleiner Inseln in der Bucht von Miami in Florida/USA mit überdimensionierten pinkfarbenen Stoffbahnen aus Polypropylen – Manschetten oder Halskrausen gleich und jedenfalls ,,very nice” -, erschien zu gleicher Zeit als Suhrkamp-Taschenbuch eine Dokumentation über die bisherigen Nachforschungen, Gespräche, Interviews, Gründung von Komitees etc. im Zusammenhang mit der geplanten Reichstagsverpackung. Christos pressure groups arbeiteten auf Hochtouren. Ein letzter Anlauf? Die Umfrage eines Berliner Stadtmagazins ergab einen breiten Konsens der Zustimmung im Kulturbetrieb, kaum einer, der das Projekt nicht “aufregend, interessant und schön” fand oder mit ähnlichen Leerformeln euphemistisch begrüßte.
Es bleibt zu fragen, ob die beabsichtigte kritische Wirkung angesichts der sich zur Prestigeangelegenheit hochstilisierenden Entscheidung durch die Poliliker nicht…