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Essay · von Klaus Honnef · S. 16 - 16
Essay , 1979

Klaus Honnef
Das Ende der Langeweile

Mit Erstaunen vernahm die Direktorin des ARC im Modernen Museum der Stadt Paris die Kunde ihrer deutschen Kollegen, daß während der letzten fünf Jahre in der Kunst nichts Wichtiges passiert sei. Sie hat unlängst das Rheinland besucht, um Material für eine Ausstellung zum Thema zeitgenössische Kunst in ihrem Haus zu sammeln. Daß die deutschen Gesprächspartner so unrecht mit ihrer Einschätzung der künstlerischen Gegenwartszene nicht hatten, schien der Französin auch die Tatsache zu belegen, daß sie sowohl in Essen als auch in Düsseldorf und Köln umfangreiche Ausstellungen US-amerikanischer Kunst besichtigen konnte – und keine der aktuellen deutschen.

Aber verhält es sich wirklich so? Ist in den letzten fünf Jahren wirklich nichts Wesentliches passiert? Das Gegenteil ist der Fall. Doch was passiert ist, vollzog sich weitgehend unter Ausschluß der Öffentlichkeit, weil diese, bedingt durch eine Art Tendenzwende in der Ausstellungspolitik der Museen und Galerien (Ausnahmen bestätigen wie immer auch hier die Regel!) davon keine Notiz nehmen konnte. In erster Linie vollzog sich stillschweigend ein Abschied von den verkrampft esoterischen Bestrebungen postpostminimalistischer Kunst zugunsten wiederum energisch betriebener Bemühungen um sinnliche Qualitäten.

Man muß den Informanten der Pariser Museumsdirektorin nicht unbedingt bösen Willen unterstellen oder Leichtfertigkeit im Umgang mit der Wahrheit. Dies hieße die möglichen Gründe für ihr Urteil verschleiern. Denn im Grunde gehen sie lediglich von falschen Voraussetzungen aus. Die meisten von ihnen sind in der Zeit avanciert, als die zeitgenössische Kunst von der Vorstellung bewegt war, daß jedes Jahr eine neue Richtung über das erstaunte Kunstpublikum hereinbrechen müßte. Innovation,…


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