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Essay · von S.D. Sauerbier · S. 118 - 123
Essay , 1982

Die neue Malerei und ihre Kritik

von S. D. Sauerbier

Wir wissen, daß wir Vorläufige sind
Und nach uns wird kommen:
nichts Nennenswertes.
Bertolt Brecht

Etliche Kunstkritiker sprechen sich derzeit gegen eine bestimmte Malerei aus, die sich die “neue” nennt. Wie kommt es, was sind die Gründe dafür, daß die Kritik sie so vehement ablehnt? Meine Vermutung: Die Kriterien der Kritik sind hinter der Kunstentwicklung zurückgeblieben. Auch ist das Problem, scheint’s, eine Frage der Wahrnehmungsfähigkeit bei der Kritik.

In unterschiedlicher Weise kann man sich der Situation in der neueren Kunstentwicklung, dem Zustand der Gegenwartskunst nähern: Man kann darauf insistieren, was in der angeblich neuen Malerei alles nicht Kunst ist – besonders wenn man nach Maßgabe vergangener, historisch gewordener Kunst bewerten will; dann läßt sich sogar sinnfällig behaupten, diese “neuen” Malereien seien gar keine Kunst (mehr). Andererseits kann man von den ‘Satzungen’ der Künstler ausgehen, von den in Künstlerarbeiten realisierten oder behaupteten Programmen oder aber von künstlerischen Produktionen; und nun läßt sich die Stimmigkeit der Arbeiten in Hinsicht auf die Programme bzw. der Programme mit Blick auf die Arbeiten überprüfen. Die Kritik bevorzugt, wie mir scheint, die erste der beiden Möglichkeiten.

Ein Kritiker bringt – wie jedermann – Erfahrungen mit, zudem Annahmen, Unterstellungen, Erwartungen und Wünsche; insgesamt sind sie das Ergebnis seiner persönlichen Vergesellschaftung. Und entsprechend trägt er seine individuellen Muster der Wahrnehmung an die Bilder heran – diese Muster sind eben durchaus gesellschaftlich vermittelt. Mit den Standards der Wahrnehmungsmuster ordnet der Kritiker seine Bilder-Wahrnehmung, er gleicht sie seinem Vorrat an Bild-Mustern an, um sie sich…

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