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Kommentar · von Klaus Honnef · S. 232 - 237
Kommentar , 1978

Klaus Honnef
Einwürfe

Warum Kunstausstellungen

Warum macht man Kunstausstellungen? Um Menschen über Zeugnisse der Kunst zu informieren; einen verkrachten Betrieb am Leben zu erhalten und ihm wenigstens einen Schein von Existenzberechtigung zu verleihen; um die Forderungen der Politiker nach einem ‘lebendigen’ Museum zu erfüllen, was immer schwer ist, denn die Lebensfähigkeit von Kunstwerken hat Grenzen, wenn diese allzu sehr verlebendigt, das heißt strapaziert werden, um Künstlern die Gelegenheit zu geben, ihre Arbeiten in der Öffentlichkeit vorzuführen; der eigenen Eitelkeit zu frönen oder gar um Erkenntnisse verschiedenster Art, Zusammenhänge über künstlerische, kulturelle, soziale Erscheinungen, zu vermitteln? Sicher aus allen Gründen zugleich; und doch wäre es einmal gut, über das Selbstverständnis von Kunstausstellungen nachzudenken, laut nachzudenken, gerade in einer Zeit, wo Kunstausstellungen immer populärer werden und umso populärer wie die Kunst der Zeitgenossen, die zeitgenössische Kunst, dabei ausgespart wird. Auch Ausstellungen aus dem Bereich der Kunst haben irgendwie einen symptomatischen Charakter, können nicht aus den Bindungen der Geschichte ausgelöst werden, repräsentieren ihre Zeit ebenso wie die Kunst der Zeit, auch wenn sie Kunst einer vergangenen Zeit zeigen. Jede Kunst ist politisch, es gibt überhaupt keine unpolitische Kunst, weil jeder Akt in der Öffentlichkeit und für die Öffentlichkeit und auf die Öffentlichkeit zugeschnitten, eine öffentliche und damit politische Handlung ist. Nicht nur illustrative Kunst ist politische Kunst. Dementsprechend politisch sind Kunstausstellungen. Sie fallen nicht vom Himmel, sie entstammen Einflüssen, denen selbst die initiativfreudigsten Ausstellungsmacher unterliegen, denn auch sie können sich nicht über ihre Zeit hinwegsetzen.

Nicolas Poussin in Düsseldorf

Warum, macht man eine Ausstellung über das Werk…


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