Ute Thon
Whitney-Biennale 95
»Mixed Messages«
Die bedeutendste Schau für amerikanische Gegenwartskunst setzt auf ästhetische Tradition
Whitney Museum of American Art, New York 23.3. – 4.6.1995
Museum für Moderne Kunst, Prag, 21.9. – 3.12.1995
Statens Museum For Kunst, Kopenhagen, 31.5. – 11.8.1996
Zweihundert zusammengebundene Matratzen hängen bedrohlich wie Gewitterwolken von der Decke. Dahinter schauen Cindy Shermans steril-leblose Gummi-Fratzen hervor. Ein Stockwerk höher zerreißt ohrenbetäubender Punkrock die Stille, die normalerweise im Museum herrscht, wenn man sich den meditativen Bildern von Cy Twombly oder Brice Marden nähert. Der Lärm kommt aus einer riesigen, rohen Holzkiste, in der ein paar junge Musiker ihre Instrumente malträtieren. Sie spielen im Auftrag des New Yorker Konzeptkünstlers Rirkrit Tiravanija. Er ist, ebenso wie die Matratzen-Artistin Nancy Rubins, Fotokünstlerin Sherman und die amerikanischen Altmeister Marden und Twombly, Teilnehmer der Whitney Biennale 1995, der bedeutendsten Schau für amerikanische Gegenwartskunst, die vom 23. März bis zum 4. Juni im New Yorker Whitney Museum stattfand, im September ins neue Museum für Moderne Kunst, Prag, wandert und 1996 in Kopenhagen zu sehen sein wird.
“Kunst ist eine Plattform für Erlebnisse, keine Schulstunde”, beschreibt Klaus Kertess, Kurator der großen Museums-Show, im Vorwort des Ausstellungskatalogs sein Konzept, das auf künstlerische Vielfalt setzt anstatt auf kunstpädagogische Strenge. Seit der ersten Biennale im Jahr 1932 hat es sich das renommierte New Yorker Museum getreu dem Wunsch seiner Gründerin Gertrude Vanderbilt Whitney zur Aufgabe gemacht, regelmäßig (früher jährlich, jetzt alle zwei Jahre) einen Überblick über das aktuelle amerikanische Kunstgeschehen zu geben – in diesem Jahr zum 68. Mal. Genauso häufig stand…